
(Pop.: 462 – 5m NN)
Haedis liegt an einer schmalen, leicht geschwungenen Buchtlinie, deren zwei Halbinseln wie natürliche Wellenbrecher ins Westmeer hinausragen. Die westliche Halbinsel, breiter und flacher, ist durch einen niedrigen, bewaldeten Rücken gekennzeichnet, während die östliche Halbinsel steiler abfällt und mit alten Kiefern bewachsen ist. Zwischen den beiden ragt ein kleiner Hafen ins Meer – mit Kaimauern aus hellem Granit und einer Anlegestelle für Fischerboote, Ausflugsboote und das stählerne Versorgungsschiff „Tessi“, das wöchentlich aus Caputh kommt.

Die zentrale Achse des Dorfes ist die Hafenstraße, die von der B3 in weitem Bogen hinunter zum Wasser führt. Direkt an der Ecke Hafenstraße / Strandstraße liegt Clara Jensens kleines, weiß gestrichenes Café „Watt & Wind“. Die Terrasse, beschattet von einem hellblauen Tuchsegel, ist windgeschützt und beliebt für Muschelsuppe mit Dillöl und das salzige Fenchel-Brot, das sie selbst backt. Neben dem Café, unter einem Balkon voller Blumentöpfe, hat Tobias Schmidt seinen kleinen Schuppen, aus dem er die Boots- und Ankerplätze des Hafens verwaltet. Die Schuppenwand ist mit alten Rettungsringen und einem Dutzend handgeschriebener Hinweise übersät („Kein Schlauchboot hinter Platz 7 anknoten!“, „Nix für Jetskis – frag Tobias!“).
Die Bahnlinie AckB96 verläuft oberhalb des Dorfes am Hang entlang, verschwindet kurz hinter dem ehemaligen Schrankenwärterhaus in den Antares-Tunnel und taucht erst bei Elifa wieder auf. Wer in Haedis aus dem Zug steigt, kann auf dem Bahnsteig einen weiten Blick über das Westmeer genießen – bei klarer Sicht bis zur Inselgruppe Randvik. Der Bahnsteig selbst ist schlicht, mit einem hölzernen Wartehäuschen, das ein Schüler in den 1980ern bemalt hat: ein großes Fischmotiv mit Flügeln und der Inschrift „Fischvogelstadt Haedis“.
Die enge Bebauung des alten Ortskerns zwischen Bahnhof und Hafen besteht aus zweigeschossigen, oft schiefergedeckten Häusern mit weiß verputzten Fassaden. Einige tragen noch Namenszüge wie „Haus Gilda“ oder „Fährblick“ über der Tür. Viele Gebäude sind mittlerweile als Ferienunterkünfte vermietet, darunter das Gästehaus am Meer, Strandstraße 15. Es bietet vier Zimmer und eine kleine Terrasse mit Blick auf das Wasser. Gäste berichten, dass sich abends Fuchs und Hase am Ende der Straße treffen – tatsächlich verläuft dort ein Trampelpfad hinunter zu einem kaum bekannten Strandabschnitt mit dunklem Kies.

In den Sommermonaten ist Haedis belebt: Familien mit Picknickdecken, Tagesausflügler auf der Suche nach Sandbänken, aber auch ältere Paare, die in der kleinen Dorfkirche St. Vedast zur Andacht kommen. Die Kirche steht auf einem Felsrücken am Rand der östlichen Halbinsel und ist nur über einen schmalen Weg durch den Wald erreichbar. Das Geläut ist schlicht – eine einzelne Bronzeglocke von 1884 – aber weithin hörbar, besonders bei aufkommendem Westwind.
Die Wälder rund um Haedis, vor allem die nördlich gelegenen Haeder Tannen, bieten mit ihrem durchzogenem Netz an Pfaden, alten Grenzsteinen und gelegentlichen Aussichtsbänken reichlich Raum für Wanderer. Besonders beliebt ist der Aussichtspunkt „Kap Winkel“, ein kleiner Felsvorsprung oberhalb der Bahntrasse, von dem aus man sowohl den Antares-Tunnel als auch die Schiffe am Horizont sehen kann.
Haedis ist kein Ort der lauten Ereignisse. Es lebt vom beständigen Wechsel von Ebbe und Flut, vom ruhigen Betrieb am Hafen, von Gästen, die wiederkommen. Clara Jensen und Tobias Schmidt sind keine Ausnahmefiguren, sondern typisch für den Ort: verlässlich, auskunftsfreudig, aber mit Sinn für Grenzen. Wenn Tobias abends sein Fahrrad die Uferstraße hinaufschiebt, winkt er nur knapp – und verschwindet dann zwischen Kiefern und Krähenrufen.
B.: AckB96 2stdl. 6:37 bis 20:37 nach Caputh, 7:26 bis 21:26 nach Endstation