Das Kloster Sturmwacht erhebt sich auf einem sanften Hügel westlich von Ulmrode (Sturminsel Süd, Sturmland), umgeben von Feldern, die von schmalen Wegen durchzogen sind. Die Stille des Ortes wird nur durch das gelegentliche Rauschen des Windes unterbrochen, der über die Hügel zieht. Die Klosterkirche St. Vigil, ein Bauwerk aus dem 13. Jahrhundert, beeindruckt mit ihrem massiven Steinmauerwerk und einem schlanken Turm, der hoch in den Himmel ragt. Im Inneren der Kirche fangen Fresken an den Wänden Szenen aus dem Leben des heiligen Vigil ein, die von den Gründungstagen des Klosters erzählen. Die lange Holzbankreihe ist schlicht gehalten, das Licht dringt durch schmale Fenster und taucht den Raum in ein gedämpftes, warmes Licht.

Der Sturmwachtturm, ein quadratischer Wachturm aus grauem Stein, der im 14. Jahrhundert hinzugefügt wurde, diente ursprünglich als Schutz vor Plünderern, die während stürmischer Nächte entlang der Küste nach Beute suchten. Heute ist der Turm ein beliebtes Ziel für Besucher, die die Wendeltreppe hinaufsteigen, um die umliegenden Felder und das nahe Sturmmeer zu überblicken. Ein Teil des Turms wurde in jüngerer Zeit restauriert, und der obere Raum, ausgestattet mit einer kleinen Ausstellung, erzählt von den Stürmen, die das Kloster über die Jahrhunderte hinweg geprägt haben.
Die enge und wechselvolle Beziehung zwischen dem Kloster Sturmwacht und der nahegelegenen Burg Sturmwacht prägte die Geschichte der Region tiefgreifend. Obwohl die beiden Bauwerke unterschiedlichen Zwecken dienten – das Kloster als Ort des Gebets und der Bildung, die Burg als militärischer Schutzwall – verband sie eine komplexe Mischung aus Kooperation, Spannungen und gegenseitiger Abhängigkeit. Bereits kurz nach der Errichtung der Burg im 14. Jahrhundert wurde das Kloster zu einem wichtigen Verbündeten der Burgherren. Die Burg bot nicht nur Schutz vor Piraten und Plünderern, sondern auch vor internen Konflikten, die in der unruhigen Geschichte der Sturminsel immer wieder aufflammten. Die Mönche revanchierten sich, indem sie die Verteidigung der Burg spirituell unterstützten: Gebetsdienste und Segnungen der Waffen und Mauern sollten den Schutz der nordischen Götter und des christlichen Glaubens gleichermaßen sichern. Im 15. Jahrhundert erreichten die Beziehungen ihren ersten Höhepunkt, als der Burgherr Hjalti und Abt Rudolf eine historische Vereinbarung trafen. Diese legte fest, dass die Klostergemeinschaft im Falle von Angriffen Zuflucht in der Burg finden würde, während die Mönche im Gegenzug die Versorgung der Burg mit Lebensmitteln und medizinischen Diensten übernahmen. Zeitzeugenberichte und Chroniken erwähnen zudem, dass die Klosterbrauerei die Burg mit Sturmwachtbier versorgte, welches als wichtige Handelsware diente und den Einfluss der Sturmländer in der Region festigte. Die Zusammenarbeit wurde jedoch immer wieder durch Spannungen belastet. Besonders berühmt ist die Kontroverse um die Hallvarr-Säule, die von den Mönchen heimlich mit christlichen Symbolen versehen wurde. Der Versuch der Klostergemeinschaft, den heidnischen Ursprung der Burg zu überschreiben, sorgte für jahrelange Konflikte, bis ein Kompromiss zwischen Hjalti und Rudolf gefunden wurde.

Diese Annäherung gilt heute als Beginn einer fruchtbaren Koexistenz, die durch gegenseitige Unterstützung in Krisenzeiten geprägt war. Ein herausragendes Beispiel dieser Kooperationsbereitschaft ereignete sich während der Angriffe von marodierenden Söldnern in den Jahren 1471 und 1493. Der Burgherr Sigurd, bekannt als der Schildträger, stellte nicht nur seine Truppen zum Schutz des Klosters bereit, sondern schenkte nach einem erfolgreichen Abwehrkampf einen wertvollen Reliquienschrein, der bis heute in der Klosterkirche St. Vigil bewundert werden kann. Diese Geste festigte die Verbindung zwischen den beiden Gemeinschaften und brachte ihnen in der Region große Anerkennung ein. Auch die Alltagsbeziehungen waren von gegenseitigem Nutzen geprägt. Während die Burg die umliegenden Dörfer, darunter Ulmrode und Lachwitz, militärisch schützte, unterstützte das Kloster die Gemeinden mit Bildung, Heilkunst und spiritueller Führung. Dokumente belegen, dass die Mönche oft als Mittler zwischen den Burgherren und der Landbevölkerung dienten, um Spannungen zu mildern und den sozialen Frieden zu wahren. Insbesondere während der Herrschaft von Eirik der Eisenfaust waren es die Mönche, die Konflikte zwischen Bauern und Burgbewohnern zu entschärfen suchten. Die tragische Zerstörung der Burg Sturmwacht im Jahr 1587 markierte das Ende einer Ära. Obwohl die Mönche halfen, die Überlebenden zu versorgen und die Verwundeten zu pflegen, konnte das Kloster die Burg nicht vor ihrem Schicksal bewahren. Dennoch lebte das Andenken an die Zusammenarbeit der beiden Stätten weiter, und bis heute erinnert die Ruine der Burg an die gemeinsamen Errungenschaften und Herausforderungen, die Kloster und Burg über Jahrhunderte hinweg verbanden. Heute pflegt das Kloster Sturmwacht das Erbe dieser Beziehung. Geführte Wanderungen, die vom Kloster zur Burgruine führen, erzählen von der historischen Zusammenarbeit und lassen die Legenden und Geschichten dieser besonderen Partnerschaft lebendig werden.
Die Klosterbrauerei, die in einem Nebengebäude des Klosters untergebracht ist, hat ihren Ursprung im späten Mittelalter. Hier brauen die Mönche nach alten Rezepturen Bier, das weit über die Grenzen der Sturminsel hinaus bekannt ist. Bruder Ignaz, ein großer, kräftiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht, leitet die Brauerei. Er erzählt Besuchern gerne von den verwendeten Kräutern und Gewürzen, die im Klostergarten angebaut werden, und führt sie durch den Braukeller, wo Holzfässer lagern. Das Sturmwachtbier, ein kräftiges, dunkles Ale, wird von lokalen Gaststätten wie der „Fischerklause“ in Hausdorf oder dem „Sturmwind“ in Nehra ausgeschenkt. Auch das Boutique-Hotel „Meeresbrise“ bietet seinen Gästen eine Auswahl der Biere an.
Die enge Verbindung des Klosters zur umliegenden Gemeinschaft zeigt sich auf vielfältige Weise. Holger Holgerssen, der Wirt der Hütte am Ulmberg, liefert Wildkräuter und Waldhonig für die Brauerei. Anna Meixner aus Ulmrode beliefert die Klosterküche mit frischen Backwaren, die sie in ihrem Dorfladen herstellt. Elsa Lang aus Nehra organisiert regelmäßig Ausflüge mit den Kindern des Kindergartens, bei denen sie gemeinsam den Klostergarten erkunden und von den Mönchen über die Bedeutung von Heilpflanzen lernen.

In der Schreibstube des Klosters leitet Schwester Lydia ein Projekt zur Erhaltung alter Manuskripte. Isabella Ricci, die Komponistin aus Nehra, verbringt hier oft Stunden, um Inspiration für ihre Werke zu finden. Der Klang der Windharfen, die die Mönche im Garten des Klosters aufgestellt haben, hat bereits Eingang in einige ihrer Kompositionen gefunden.
Auch für Wanderer ist das Kloster ein beliebter Zwischenstopp. Die Wege, die von Nehra und Hausdorf durch das Sturminselgebirge führen, treffen in der Nähe des Klosters zusammen. Viele Besucher nutzen die Möglichkeit, im Kloster einzukehren, um eine Schale des berühmten Klosterbrotes und ein Glas frisches Bier zu genießen. Bruder Laurenz, der für die Gäste des Klosters zuständig ist, erzählt dabei gern Geschichten über die Gründungszeit des Klosters und die Legenden des Sturmwachtturms.
Das Kloster Sturmwacht ist ein Ort, der Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet. Es vereint spirituelles Leben, handwerkliche Tradition und die Zusammenarbeit mit der umliegenden Gemeinschaft zu einem harmonischen Ganzen, das nicht nur die Bewohner von Ulmrode, Nehra und Hausdorf, sondern auch Reisende aus der Ferne zusammenbringt.