Die Ruine der Feste Sturmwacht liegt eingebettet am Waldrand des Lachbachtals, etwa sieben Kilometer nördlich vom Kloster Sturmwacht und zwei Kilometer westlich von Lachwitz. Gewaltige Mauerreste aus dunklem Stein erzählen von einer bewegten Vergangenheit. Im 14. Jahrhundert errichteten Wikinger diese Burg, die ihren Siedlungen auf der Sturminsel Schutz vor Piraten bieten sollte. Unter der Leitung des Anführers Hallvarr, einem erfahrenen Baumeister und Krieger, entstand die Festung in nur acht Jahren. Der Bau vereinte traditionelle nordische Techniken mit den Methoden der einheimischen Bevölkerung, die gezwungen worden war, bei der Errichtung zu helfen. Die Legende berichtet, dass Hallvarr einen Steinmetz namens Tjorn dazu brachte, ein unsichtbares Labyrinth aus unterirdischen Gängen zu entwerfen, das nur er selbst und seine Nachfahren zu betreten wagten. Es wird gemunkelt, dass diese Gänge bis heute unentdeckt geblieben sind.

Ein weiteres Überbleibsel dieser Epoche ist die sogenannte Hallvarr-Säule, ein massiver Monolith, der im Burghof aufgestellt wurde. Auf ihm sind Runen eingeritzt, die den Schutz der nordischen Götter beschwören. Die Säule, so heißt es, wurde von einer Gruppe von Mönchen aus dem Kloster Sturmwacht im 15. Jahrhundert heimlich mit christlichen Symbolen überarbeitet, was für viele Jahre ein Grund für Spannungen zwischen den Burgbewohnern und den Klosterbrüdern war. Überlieferungen zufolge war es ein Kompromiss zwischen dem Burgherrn Hjalti und Abt Rudolf, der die Annäherung zwischen den beiden Gemeinschaften ermöglichte.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Feste Sturmwacht mehr als nur ein Schutzschild gegen Piraten. Die Herren der Burg, angeführt von der mächtigen Familie der Sturmländer, wurden zu Beschützern der umliegenden Dörfer. Ulmrode, Nehra, Lachwitz und andere Dörfer am Ulmberg profitierten von dieser Schutzfunktion, mussten jedoch dafür einen hohen Preis zahlen. Berichte aus dieser Zeit schildern, wie die Bauern verpflichtet wurden, Abgaben in Form von Getreide, Fellen und sogar Arbeitskräften zu leisten. In besonders schlechten Erntejahren kam es vor, dass die Burgbesitzer, allen voran der berüchtigte Eirik der Eisenfaust, selbst nach den Töchtern der Bauern verlangten, um diese als Mägde oder, wie es hieß, „Dienerinnen der Burg“ aufzunehmen. Diese Forderungen führten zu zahlreichen Konflikten, und Geschichten über heimliche Fluchten und Revolten wurden von Generation zu Generation weitergegeben.

Trotz dieser Spannungen entwickelte sich eine symbiotische Beziehung zwischen der Burg und dem Kloster Sturmwacht. Während die Mönche und Nonnen spirituelle Unterstützung boten, halfen die Burgherren, das Kloster und dessen wertvolle Manuskripte zu verteidigen. Besonders in den Jahren 1471 und 1493, als verheerende Überfälle drohten, schlug sich der damalige Burgherr Sigurd, genannt der Schildträger, mit seinen Truppen auf die Seite des Klosters. Es ist überliefert, dass er nach einem Sieg gegen marodierende Söldner einen wertvollen Reliquienschrein als Geschenk an die Klosterkirche übergab, der noch heute in St. Vigil zu sehen ist.

Die Geschichte der Feste Sturmwacht endete auf tragische Weise im Jahr 1587. Nach einem ausgedehnten Gelage, bei dem große Mengen Sturmwachtbier aus der Klosterbrauerei konsumiert worden waren, gerieten einige betrunkene Wächter in Streit. Einer der Männer, so heißt es, hatte eine Fackel umgestoßen, die auf einen Haufen Stroh fiel. Innerhalb kürzester Zeit griff das Feuer auf die hölzernen Teile der Burg über. Was zunächst nur ein missglückter Versuch war, die Flammen zu löschen, endete in einer Katastrophe, als das Feuer die Munitionsvorräte im Wehrturm erreichte. Eine gewaltige Explosion zerstörte große Teile der Feste und schleuderte Trümmer über das gesamte Tal. Nur wenige Menschen überlebten die Nacht. Unter ihnen war ein junger Knappe namens Lothar, der später eine Chronik der Ereignisse verfasste, die heute in der Bibliothek von Nehra aufbewahrt wird.

Im 19. Jahrhundert rückte die Ruine in den Fokus historischer Forschung. Lokale Gelehrte, angeführt von Friedrich Albrecht von Lachwitz, initiierten umfangreiche Sicherungsarbeiten. Die Mauern wurden stabilisiert, Wege angelegt und Teile der Ruine begehbar gemacht. Besonders bemerkenswert war die Restaurierung der Hallvarr-Säule, die während der Explosion ins Tal gestürzt war. Diese Arbeiten wurden durch Spenden aus den umliegenden Gemeinden sowie durch Unterstützung des Klosters Sturmwacht ermöglicht. Heute führt ein gut ausgebauter Wanderweg durch das Lachbachtal zur Ruine, die nicht nur ein bedeutendes historisches Monument, sondern auch ein Ort der Erholung und Besinnung ist.

Für Besucher ist die Ruine der Feste Sturmwacht täglich von 9:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, jedoch wird um eine Spende für die weitere Pflege der Anlage gebeten. Geführte Touren, die tiefer in die Geschichte und die Legenden der Burg eintauchen, werden an Wochenenden und Feiertagen um 11:00 und 15:00 Uhr angeboten. Ein kleiner Souvenirstand am Eingang bietet handgefertigte Nachbildungen der Hallvarr-Säule und andere historische Memorabilia an. Besonders beliebt sind die Sommernächte, wenn die Ruine im Schein von Fackeln und Kerzen beleuchtet wird und Geschichtenerzähler die alten Sagen des Lachbachtals zum Leben erwecken. Ein Besuch der Feste Sturmwacht ist eine Reise in die Vergangenheit, die zugleich die Verbindung zwischen Geschichte und Natur erlebbar macht.