Das Kloster Hjalmvik thront auf einem steilen Bergrücken über dem Viddelva-Tal, etwa zwei Kilometer westlich von Tiefental. Die Lage des ehemaligen Klosters ist abgeschieden und schwer zugänglich, nur über einen schmalen, steilen Pfad vom Dorf aus erreichbar. Besonders bei schlechtem Wetter ist der Aufstieg beschwerlich, da der lehmige Untergrund rutschig wird und sich Nebel oft über die Hänge legt. Der Blick vom Kloster hinab auf das Tal und die umliegenden Berghänge ist beeindruckend, und bei klarer Sicht kann man sogar bis zur Küstenlinie von Sturminsel West blicken.

Das Kloster wurde im 15. Jahrhundert als Zufluchtsort für Mönche errichtet, die sich in die Einsamkeit zurückzogen, um in Stille und Gebet zu leben. Das Hauptgebäude ist die steinerne Kirche, die trotz der Jahrhunderte in erstaunlich gutem Zustand erhalten geblieben ist. Ihre dicken Mauern bestehen aus grob behauenen Granitblöcken, die aus den umliegenden Bergen gewonnen wurden. Das Dach wurde einst mit Schindeln gedeckt, doch heute sind nur noch wenige Spuren der ursprünglichen Bedeckung erhalten. Der massive hölzerne Eingang, geschmückt mit kunstvollen Schnitzereien, zeigt biblische Motive und Zeichen, die auf den Einfluss älterer heidnischer Traditionen hinweisen.

Im Inneren der Kirche befindet sich ein schlichtes Kirchenschiff mit einer aus Holz geschnitzten Kanzel, einfachen Bänken und einem steinernen Altar. Besonders auffällig sind die Fresken an den Wänden, die eine ungewöhnliche Mischung aus christlichen und heidnischen Symbolen zeigen. Die Darstellungen von Heiligen sind oft mit Naturmotiven kombiniert, und einige Figuren tragen stilisierte Tiermasken, die an alte nordische Mythen erinnern. Historiker vermuten, dass die Mönche von Hjalmvik bewusst Elemente alter Glaubensrichtungen in ihre Darstellungen integrierten, um die Bevölkerung der Sturminsel für das Christentum zu gewinnen.

Sverre Bjørnson in seinem Zuhause im Kloster Hjalmvik

Neben der Kirche befinden sich die Überreste der einstigen Wohngebäude der Mönche. Die Zellen, in denen sie lebten, sind heute weitgehend verfallen, ihre Mauern von Moos und Flechten überzogen. Nur wenige Fundamente ragen noch aus dem Boden, doch in einigen der Ruinen kann man erkennen, wo einst kleine Feuerstellen oder Lagerstätten waren. Ein alter Brunnen, der tief in das Felsgestein gehauen wurde, liefert bis heute klares Quellwasser und ist eine der wenigen noch genutzten Einrichtungen des ehemaligen Klosters. In einem der weniger zerstörten Räume lebt Sverre Bjørnson, ein zurückgezogen lebender Gelehrter, der sich der Erforschung alter Schriften widmet. Er verbringt seine Tage mit der Restaurierung vergilbter Pergamente, die in den alten Archiven des Klosters gefunden wurden, und nimmt gelegentlich Pilger oder Forscher in Empfang, die mehr über die Geschichte von Hjalmvik erfahren möchten.

Hjalmvik war nie ein großes Kloster, sondern stets eine kleine, abgeschiedene Gemeinschaft. Die wenigen Mönche, die hier lebten, widmeten sich neben dem Gebet auch der Kräuterkunde und der Abschrift alter Manuskripte. Einige der gesammelten Heilpflanzen wurden bis nach Antlas gebracht und auf dem Markt verkauft. Auch heute noch wachsen rund um das Kloster seltene Pflanzen, die von Kräuterkundigen aus Tiefental gesammelt werden. Besonders begehrt sind die silbernen Blätter des Hjalmvik-Thymians, dem man beruhigende und heilende Eigenschaften nachsagt.

Jedes Jahr Anfang September besuchen Pilger das Kloster, um an einem alten Ritual teilzunehmen, das seit Jahrhunderten gepflegt wird. Dabei werden in der Kapelle Gebete für eine sichere Überfahrt auf dem Westmeer gesprochen, ein Brauch, der möglicherweise aus einer Zeit stammt, in der sich Seeleute und Fischer mit Opfergaben den Schutz der Götter erhofften. Während dieser Tage kehrt kurzzeitig Leben in das verlassene Kloster ein, wenn Besucher Kerzen in den Fenstern aufstellen und gemeinsam in der Kapelle singen.

Obwohl Hjalmvik offiziell keine religiöse Einrichtung mehr ist, zieht es immer wieder Forscher, Gläubige und Wanderer an. Manche kommen wegen der Fresken, andere wegen der abgeschiedenen Stille, die dieser Ort ausstrahlt. Die meisten Besucher verweilen nur kurz, um dann wieder den steilen Pfad zurück ins Tal zu steigen. Doch für jene, die hier länger bleiben, offenbart sich Hjalmvik als ein Ort voller Geheimnisse, in dessen Mauern die Vergangenheit weiterlebt.