Die Gelling-Brauerei in Möhra ist weit mehr als ein industrieller Braubetrieb – sie ist ein kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Anker im sogenannten „Brauerdorf“ des Landkreises Mähnendorf. Am westlichen Rand des Dorfes gelegen, fallen bereits aus der Ferne die kupfernen Gärbottiche im Dachaufbau des Produktionsgebäudes ins Auge. Hier, in vierter Generation und mit einem Personalstamm von rund 30 Mitarbeitenden, führen Falko Gelling und seine Schwester Nika das Werk, das nicht nur durch Kontinuität, sondern auch durch Offenheit für Partnerschaften und Innovationen auffällt.

Das Aushängeschild des Betriebs ist der „Dunkle Halm“, ein kräftig-malziges Exportbier, das in 0,5-Liter-Bügelflaschen mit geprägtem Etikett verkauft wird. Abgefüllt wird zweimal pro Woche, die Etikettierung erfolgt größtenteils maschinell, doch das Versiegeln des traditionellen „Jahrgangsfasses“ für die Herbstmesse in Bierona wird noch immer von Hand erledigt – eine Aufgabe, die in den letzten Jahren meist Falkos ältester Sohn übernimmt. Die Jahresproduktion des „Dunklen Halm“ liegt bei knapp 9.000 Hektolitern, wobei ein wachsender Anteil davon in den östlichen Küstenregionen konsumiert wird, insbesondere in Straßenstrand und Stadtbad.

Zur Brauerei gehört das Gasthaus „Gellings Braustuben“, das sich im ehemaligen Wohnhaus der Gründerfamilie befindet. Die Gaststube mit ihren schweren Eichentischen, einem Kaminofen und einem gefliesten Treberboden ist Anlaufpunkt für Wandergruppen, Handwerker aus der Umgebung und Studierende, die im Rahmen von Exkursionen den Brauprozess kennenlernen. Im angrenzenden Probierzimmer finden regelmäßig Führungen statt – immer mittwochs und freitags um 15 Uhr –, bei denen die Gäste durch den Sudraum, den Gärkeller und das Lager geführt werden. Ein besonderer Höhepunkt ist die abschließende Verkostung, bei der nicht nur der „Dunkle Halm“, sondern auch Saisonbiere wie das „Maiblatt“ oder das stark gehopfte „Reifguss“ ausgeschenkt werden.

Kulinarisch steht das Hopfenbrot im Mittelpunkt: ein dunkles, schnittfestes Brot, das aus dem Brautreber – also dem ausgekochten Malzrückstand – der Brauerei gebacken wird. Der Bäcker Karl-Heinz Loska aus dem benachbarten Niederodewitz holt den Treber jeden Dienstagmorgen ab und verarbeitet ihn noch am selben Tag. In der Braustube wird das Hopfenbrot dick aufgeschnitten mit Salzbutter und einem Gewürz aus getrocknetem Hopfenmehl serviert – eine Kombination, die mittlerweile zum Standardprogramm jeder Verkostung gehört.

Praktikant:innen aus dem Gymnasium helfen im Betrieb

Ein weiteres Kapitel der Gelling-Geschichte ist die enge Zusammenarbeit mit dem Gymnasium in Mähnendorf, dessen eigene Brauerei – die sogenannte „Gymnasialbrauerei“ – auf eine Kultur obergäriger Hefe angewiesen ist. Diese Hefe wird jedes Jahr im Frühjahr frisch aus Möhra geliefert. Die Übergabe findet jeweils im Rahmen eines kleinen Treffens statt, bei dem Schüler:innen aus Mähnendorf nach Möhra reisen und das Brau-Team für einige Tage begleiten. Die Praktikanten helfen beim Maischen, Rühren und Abfüllen, und dürfen am Ende ein eigenes Etikett für ihr „Maturabier“ entwerfen – eine Tradition, die nicht nur der fachlichen Ausbildung dient, sondern auch den Austausch zwischen Generationen fördert.

Im Brauereihof, der mit Hopfenranken gesäumt ist, findet jährlich im Spätsommer das Gelling-Fest statt. Hier wird nicht nur Bier ausgeschenkt, sondern auch ein kleiner Handwerkermarkt aufgebaut. Der örtliche Schmied präsentiert Eisenbeschläge für Zapfhähne, die Textilwerkstatt aus Tolken verkauft Schürzen mit eingesticktem Gelling-Wappen, und die Tischlerei aus Pechtal stellt hölzerne Braupaddel aus. Musik gibt es auch: Das Blechbläserquartett aus Tolken eröffnet das Fest traditionell mit dem Stück „Hopfens Morgengruß“, während abends wechselnde Bands auf der kleinen Hofbühne auftreten.

Insgesamt präsentiert sich die Gelling-Brauerei als tief im Dorfleben verankerte Institution, die ihre Traditionen pflegt, aber dennoch offen für Neues bleibt. Die Kombination aus Brauhandwerk, Bildungsarbeit, regionaler Kooperation und Gastlichkeit macht sie zu einem der wichtigsten Akteure im kulinarisch-kulturellen Gefüge des Landkreises Mähnendorf. Wer Möhra besucht, kommt an der Brauerei nicht vorbei – und will das in der Regel auch gar nicht.