
(Pop.: 3.874 – 21m NN)
Ruppin, die Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises im nördlichen Bierland, liegt am linken Ufer des mächtigen Flusses Zento, etwa 32 Kilometer nördlich von Bierona. Mit 3.874 Einwohnern ist sie nicht die größte Ortschaft im Landkreis, wohl aber die politisch und historisch bedeutendste. Die Stadt liegt in einer flachen, weitläufigen Senke, deren lehmiger Boden sich bis heute für Gemüse- und Gerstenanbau eignet. Ihre Lage an einer natürlichen Flussschleife prädestinierte sie schon früh als Handels- und Umschlagplatz für die Zento-Schifffahrt, insbesondere für Bier, Mehl, Holz und Hopfen. Die Stadt gliedert sich in ein historisches Zentrum entlang der alten Uferstraße, die von engen Gassen, kleinen Plätzen und Gebäuden mit teils erhaltenem Fachwerk geprägt ist, und in jüngere Viertel im Westen und Süden, wo sich moderne Wohnsiedlungen und kleine Industrieanlagen befinden.

Das markanteste Bauwerk der Stadt ist die Basilika St. Pientrion, ein dreischiffiges Gotteshaus mit Doppelturmfassade, errichtet im 14. Jahrhundert, mehrfach durch Feuer beschädigt und immer wieder neu aufgebaut. Die heutige Form stammt aus dem Jahr 1624, wobei der rechte Turm im Stil der späten Zentravianischen Gotik errichtet wurde, während der linke mit barocken Elementen auffällt – das Resultat eines Konflikts zwischen zwei Steinmetzbruderschaften, die sich nicht einigen konnten. Innen zeigt ein prächtiges Wandgemälde Szenen aus dem Leben des Heiligen Pientrion, einem sagenhaften Braumissionar, der angeblich einst mit einem Humpen das Ufer des Zento segnete und das „bittere Wasser“ in trinkbares Bier verwandelte. Die Orgel stammt aus der Werkstatt von Arlot Pergum und wird bis heute regelmäßig bei Konzerten gespielt.

Der zentrale Platz der Stadt, „Zur Alten Schleuse“, ist der belebteste Ort. Hier treffen sich Marktfrauen, Fischer, Bierbrauer und Beamte. Der Wochenmarkt wird dienstags und freitags abgehalten; neben Lebensmitteln aus der Umgebung sind hier vor allem Bierkrüge, Holzspielzeug, Fischpasteten, eingelegtes Gemüse und Ziegenkäse beliebt. Am südlichen Rand des Platzes liegt die alte Schleusenkammer mit einem mechanischen Sperrwerk aus dem Jahr 1829, das einst die Zento-Schifffahrt regulierte. Heute wird sie nicht mehr genutzt, ist aber öffentlich begehbar und dient als Bühne für das „Nachtbier-Theater“, einer kleinen Schauspieltruppe, die im Sommer wöchentlich Aufführungen mit Themen rund um Brauerei, Schifffahrt und Liebe inszeniert.
Unweit der Schleuse steht das Gebäude des Kreisrates, ein zweigeschossiger Sandsteinbau mit grünem Kupferdach, gebaut 1897. Im Inneren tagt das Kreisparlament und das „Amt für Brauangelegenheiten“, das über Fragen der Produktionsmengen, Sortenschutzrechte und Zapflizenzen wacht. In der Cafeteria des Hauses, die auch der Öffentlichkeit zugänglich ist, wird mittags stets ein Gericht mit Bierbezug serviert – etwa Gersteneintopf mit Bockbiersud oder Treberbrot mit Hopfenbutter.

Gegenüber befindet sich das Museum der Zento-Schiffer. Das ehemalige Gebäude der Garnisonsbrauerei wurde 1997 umgebaut und beherbergt heute eine Sammlung rund um Flusshandel, Brauerei und Bootsbau. Herzstück der Ausstellung ist ein originalgetreuer Nachbau des Lastkahns „Anje & Krumm“, mit dem das legendäre Schifferpaar denselben Namen den Zento von Zentravia bis Bierona befuhr – stets in entgegengesetzter Blickrichtung, um Streit zu vermeiden. Besucher können über Holzstege an Bord gehen und die enge Kajüte, das Mini-Bierlager sowie eine Sammlung alter Flusskarten bestaunen. Eine weitere Ausstellung dokumentiert die Geschichte der Treidelschifffahrt und zeigt Werkzeuge, Pferdegeschirr und Trinkkrüge der Flussschiffergilde.

Das Heimatmuseum Ruppin befindet sich in einem ehemaligen Kornhaus nahe des südlichen Stadttores und widmet sich der Alltags-, Handwerks- und Braugeschichte des nördlichen Bierlands. Besonders beachtet wird der bronzezeitliche Sudkessel, der 1892 im sogenannten Kesselgrab von Langhaus entdeckt wurde – ein massiv gegossenes Gefäß mit stilisierten Tiergriffen und geheimnisvollen Rillenmustern entlang des Randes. Der Kessel wird in einem abgedunkelten Raum auf einer erhöhten Steinplatte präsentiert; eine Videoinstallation projiziert dort eine Rekonstruktion eines prähistorischen Braurituals. Neben dem Original zeigt die Ausstellung Tonrepliken, Grabungsfunde, alte Rührstäbe und erklärende Tafeln zur Entwicklung des Biers von der Bronzezeit bis zur Brauordnung von 1531.

Ruppin besitzt drei Brauereien, die jeweils eigene Besonderheiten aufweisen. Die Brauerei „Ruppiner Flut“ wurde 1832 in einem ehemaligen Kornspeicher am Nordrand von Ruppin gegründet. Sie braut ein bernsteinfarbenes Lagerbier mit ausgewogener Hopfennote und leichter Süße. Der Brauprozess erfolgt traditionell, das Wasser stammt aus einem hauseigenen Tiefbrunnen. Die unfiltrierte „Flut“ wird nur lokal vertrieben – in Fässern oder Bügelflaschen. Die Brauerei ist bekannt für ihr Fasswurf-Ritual im Zento und ihren historischen Ausschank im alten Verladekran. Besucher erleben hier eine Verbindung aus Handwerk, Regionalität und Geschichte, die bis ins 19. Jahrhundert reicht und bis heute das Brauwesen der Stadt prägt.
Die kleine Brauerei „Zum Trockenfass“ am Westwall wurde von zwei ehemaligen Theologiestudenten gegründet, die ihre Studien zugunsten des Bierbrauens aufgaben – ihr Produkt, ein dunkles Malzbier namens „Novizenstoff“, ist bei Jugendlichen beliebt und wird auch bei kirchlichen Jugendtreffen ausgeschenkt. Schließlich gibt es noch die „Brauer-Union Ruppin“, ein Zusammenschluss von fünf Familienbrauern, die auf einem gemeinsamen Gelände am Fluss unter dem Namen „Ruppiner Stau-Bock“ ein starkes Bockbier herstellen, das traditionell am Vorabend des Zento-Hochwasserschutzfestes ausgeschenkt wird.
Das Brauwesen ist nicht nur kulinarisch, sondern auch sozial prägend. In Ruppin bestehen sieben Biergesellschaften, jede mit ihrer eigenen Satzung, Trinkordnung und Wimpelfarbe. Die „Frohen Läufer“ treffen sich dienstags zur „Kleinkrüglichen Sitzung“, die „Zentonauten“ veranstalten einmal im Jahr eine nächtliche Floßfahrt mit Bierprobe, und die „Ruppiner Richtsudfreunde“ betreiben eine kleine hölzerne Sudhütte hinter der Basilika, in der symbolisch ein „Gerechter Krug“ gebraut wird, dessen Erlös dem Armenamt zufließt.
Auch Bildung und Forschung sind in Ruppin mit dem Thema Bier verknüpft. Die Berufsschule am Hopfenweg bietet eine Fachklasse für „Brau- und Sudtechnik“ an, wo Lehrlinge aus dem ganzen Landkreis lernen, wie man mit Temperaturstufen und Wasserhärte umgeht. Besonders beliebt ist das Schulprojekt „Wasserproben aus dem Zento“, bei dem Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit dem Flussschifffahrtsamt Brauwasserqualität untersuchen. Daneben gibt es die kleine Akademie für Getränkegeschichte, in einem Nebengebäude des Museums untergebracht, in der Gastdozenten aus Zentravia, Buthanien und dem Branntweingraben Vorträge halten. Themen der letzten Jahre: „Klosterbier im Exil“, „Das Holzfass als Ordnungssystem“ und „Frauen am Sudkessel“.

Kulturell hat die Stadt einiges zu bieten. Das Theater „Sud & Spiel“ in Ruppin verbindet Bühne und Braukultur in einzigartiger Weise. Untergebracht in einer ehemaligen Brauerei zeigt das Haus Stücke mit starkem regionalem Bezug, darunter das Frühjahrsstück Die Braumeisterin von Ruppin über eine heimlich brauende Frau im Dreißigjährigen Krieg. Das Ensemble mischt Profis und Einheimische, die Aufführungen sind lebendig, geschichtsbewusst und oft begleitet von eigens gebrauten Bieren. Mit etwa 120 Plätzen, Werkstattatelier und einer kleinen Hausbrauerei ist das Theater ein kreatives Zentrum des Landkreises – ein Ort, an dem Bier, Geschichte und Schauspiel zu einem Ganzen verschmelzen. Im Sommer finden die „Zento-Festspiele“ statt, bei denen auf vier Bühnen entlang des Flusses Musik, Straßentheater und Lesungen dargeboten werden – flankiert von temporären Bierschänken, die je ein Dorfbier aus dem Landkreis ausschenken.
Ein besonderes Ereignis ist der „Tag des Schenkrechts“, der jedes Jahr am 12. August begangen wird. An diesem Tag wird der historische Erlass von Herzog Brothild von Bierland gefeiert, der 1327 Ruppin das Recht verlieh, Bier aus eigener Produktion öffentlich auszuschenken. Der Tag beginnt mit einem feierlichen Umzug, bei dem Brauerzünfte, Schulklassen und die Feuerwehr in historischen Kostümen durch die Stadt ziehen, gefolgt von der Zeremonie des „Ersten Gusses“ auf dem Rathausbalkon: ein Holzkrug Bier wird auf das Pflaster gegossen – zum Gedenken an alle unverkauften Krüge.
Ruppin besitzt mehrere soziale Treffpunkte. Die Kneipe „Zum Gescheiterten Hopfen“ ist bekannt für ihr Quiz am Donnerstagabend. Im „Zento-Bad“ am südlichen Stadtrand baden Kinder im Sommer im alten Schleusenbecken, daneben liegt ein Kiosk, der auch Bierlimo verkauft. In der „Schreibstube Ruppin“, einem kleinen Café mit angeschlossener Papeterie, treffen sich jeden zweiten Sonntag die Mitglieder des Schreibzirkels „Bier & Wort“, um Geschichten über Brauer, Krüge und Trunkenheit zu verfassen – oft humorvoll, manchmal traurig.
Im Osten der Stadt erstreckt sich das „Treberfeld“, eine große Wiese, die aus den Überresten vergangener Brauaktionen fruchtbar gemacht wurde. Dort wächst heute Gemüse für die Suppenküchen der Stadt. Mehrere Pfade führen von dort aus zum sogenannten „Krugholz“, einem kleinen Wäldchen, in dem der Legende nach ein rätselhafter Einsiedler namens Remund gelebt haben soll, der Bier aus Bucheckern und Regenwasser braute. Ein hölzernes Denkmal markiert seinen angeblichen Sitzplatz.
Die Stadt hat auch eine kleine, aber lebendige Wirtschaft außerhalb der Brauerei. Der Betrieb „Zentomat“ stellt Bier-Essig her, in verschiedenen Sorten, die mit Honig, Chili oder Rüben aromatisiert werden. Die Tischlerei Grumel & Sohn fertigt Spezialmöbel für Bierkeller, darunter Fasshalterungen mit Drehmechanik. Im Westen der Stadt liegt der kleine Gewerbepark „Sudpark Ruppin“, wo Start-ups an alkoholfreiem Bier, Hopfenseife und Treberkeksen arbeiten.
Nicht zuletzt ist Ruppin auch ein Ort für Besucher. Zwei Gasthäuser sind besonders beliebt: das „Gasthaus Zur Bitterkeit“ am alten Kai, wo auch die Schiffskapitäne übernachten, und das „Kleinkrug-Hotel“, das jedem Gast zur Begrüßung einen Miniaturkrug mit eigenem Namen schenkt. Wanderer und Radfahrer nutzen Ruppin als Ausgangspunkt für Touren entlang des Zento oder in die Hopfenfelder bei Klodorf. Die Stadt ist zudem über eine regelmäßige Fährverbindung mit Zentodorf und mit einer Bahnlinie nach Bierona angebunden.

Westlich von Ruppin, dort wo sich der Alte Zento am langen Han hinzieht, liegt halb verborgen unter einer alten Uferesche die sogenannte Schifferhöhle. Sie ist nur über einen schmalen Pfad erreichbar, der hinter dem ehemaligen Bootshaus der Familie Gronick beginnt und sich zwischen Brombeergestrüpp und Treibholzresten hindurchschlängelt. Die Höhle selbst ist kaum mehr als eine tiefe Erdsenke mit moosbewachsenem Eingang und einem grob gemauerten Gewölbe, das in das Ufer eingeschnitten wurde. Der Legende nach diente sie im 18. Jahrhundert dem Flussschiffer Jorlin Grauwasser als Rückzugsort, nachdem er bei Nacht einen mit Bierfässern beladenen Kahn gekapert und flussaufwärts verschleppt haben soll. Spuren seines Aufenthalts – ein eingeritzter Humpen in der Wand, ein verrosteter Ankerhaken, der an einem Balken hängt – werden noch heute bei Führungen durch die „Freie Gilde der Zento-Schiffer“ gezeigt. Einmal im Jahr, zur Sommersonnenwende, treffen sich dort alteingesessene Schifferfamilien zu einem stillen Umtrunk im Schein der Schiffslaternen – ein Ereignis, das nicht angekündigt wird und bei dem das erste Bier traditionell in den Fluss gegossen wird, „für Jorlin, der nie leer fuhr“.
Bahn: Zentrobahn ZB11 Eilzüge 8:43, 12:43, 16:43 und 20:43 nach Bierona, 7:26, 11:26, 15:26 und 19:26 nach Kohla; Regionalbahnen stündlich 8:04 bis 21:04 nach Bierona, 6:43 bis 18:43 nach Kohla, 19:43 nach Teichfurt, 20:43 nach Südteich
Ch.: B62 (S: Zentodorf 18 km, N: Fährstedt 9km), BL6 (W: Wasdow, O: Klodorf)