Am westlichen Rand des Ruppiner Marktplatzes, dort wo früher das Sudhaus des alten Schöffenhauses stand, befindet sich heute das Theater „Sud & Spiel“ – eine kleine, aber weit über den Landkreis hinaus bekannte Bühne für Stücke mit lokalem Bezug. Das Theater ist untergebracht in einem ehemaligen Brauereigebäude, das mit seinen gewölbten Kellern, groben Ziegelwänden und den restaurierten Holzträgern im Dachstuhl eine ganz eigene Atmosphäre schafft. Hier riecht es bei Regen manchmal noch leicht nach Malz, und wer einen Platz in der ersten Reihe hat, kann mitunter die schattige Kante des alten Läuterbottichs erkennen, der im Bühnenboden eingelassen blieb.

Das Ensemble besteht aus festem Kern und wechselnden Gästen – viele von ihnen sind ausgebildete Schauspieler, andere kommen aus der Region und bringen Geschichten, Dialekte und Erinnerungen mit auf die Bühne. In keinem Haus des Bierlands ist die Verbindung zwischen Stück und Ort so spürbar wie hier. So steht jedes Frühjahr – meist ab März – die Inszenierung Die Braumeisterin von Ruppin auf dem Spielplan, ein dramatisches Historienspiel in fünf Akten, das die Geschichte von Alna Mörken erzählt: einer jungen Witwe, die im Dreißigjährigen Krieg unter dem Keller des Rathauses heimlich Bier braute, um Soldaten und Flüchtlinge zu versorgen. Das Stück spielt in verwinkelten Gassen, in Gerstenspeichern und unterirdischen Fluchttunneln, und endet mit der dramatischen Szene, in der Alna den Sudkessel mit einem Kesselhaken gegen eine einrückende Reitertruppe verteidigt. Die Rolle der Braumeisterin wird seit über einem Jahrzehnt von der Ruppinerin Helba Querg gespielt, die mittlerweile fest mit der Figur verbunden ist und zur Vorstellung stets ein eigenes Bier einschenkt – das „Alna Dunkel“, das im Foyer ausgeschenkt wird.
Neben diesem Klassiker zeigt das Theater auch neue Stücke, darunter Komödien rund um Schankrechte, Flussschiffer-Romantik oder die Geschichte der Hopfenzählung von Klodorf. Kinderstücke wie Das kleine Hefe-Wunder oder Kater auf dem Kornboden ergänzen das Programm ebenso wie szenische Lesungen und musikalische Abende. Immer wieder werden auch Aufführungen auf Außenbühnen am Zento oder in Brauereihöfen gespielt – besonders zur Zeit der Hopfenernte.
Das Theater verfügt über rund 120 Plätze, eine mobile Bühne und ein angeschlossenes Werkstattatelier, in dem Bühnenbilder gebaut, Kostüme genäht und – wie der Name des Hauses nahelegt – auch Bier gebraut wird. Denn zum Theater gehört tatsächlich eine kleine Hausbrauerei, in der wechselnde Spezialsude entstehen, abgestimmt auf aktuelle Stücke. So gab es zur Inszenierung Stille Gärung – Die Verschwörung der Fassbinder ein rauchiges Roggenbier mit Fassholz-Aroma, das mit dem Eintrittsticket verkostet werden konnte.
Das Publikum ist bunt gemischt: alteingesessene Familien, Schülergruppen, Besucher aus Bierona oder Zentravia. Die Karten sind meist rasch vergriffen, besonders bei den Stückabenden mit anschließendem Schauspielergespräch in der Theaterstube, bei dem Darsteller, Regie und Braumeister aufeinandertreffen. Dort, zwischen Kostümständern und Flaschenetiketten, wird dann noch lange diskutiert – über Kunst, Geschichte und den perfekten Schaum.