In Wansow, eingerahmt von Fachwerkhäusern und dichtem Hopfenbewuchs, befindet sich die traditionsreiche Brauerei „Wansower Helle Werkstatt“. Ihre Ursprünge reichen bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück, als der Schmied Ternhuf im Jahr 1724 aus Protest gegen die örtliche Brauzunft seinen Hufkessel mit Malz, Wasser und Hopfen füllte. Was als Verstoß gegen das Zunftrecht begann – das Feuerrecht lag damals ausschließlich bei den Schmieden – wurde bald zur Legende: Der erste Sud war von solcher Qualität, dass selbst die strengsten Gildemeister verstummten. Ternhuf wurde fortan nicht mehr nur als Schmied, sondern als „Heller Werkmeister“ bezeichnet – ein Ehrentitel, der bis heute von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Die Werkstatt selbst blieb über die Jahrhunderte ein Ort des offenen Feuers und des handwerklichen Brauens. Noch heute wird das „Wansower Helle“ über offenem Feuer gebraut – ein Verfahren, das in der Region kaum mehr zu finden ist. Drei gemauerte Feuerschächte bilden das Herz der Braustätte; darüber hängen massive Kupferkessel, die von rußgeschwärzten Haken getragen werden. Der Geruch von Malz und Glut liegt in der Luft. Der Boden besteht aus unregelmäßig verlegten Lehmziegeln, durch die das Feuer flackert. Die Wände sind mit jahrzehntealten Kratzmarken versehen, eingeritzt von Lehrlingen, Braumeistern und – der Legende nach – sogar von Ternhuf selbst.
Aus der Decke hängen schwere Kränze aus getrocknetem Hopfen, Lorbeer und Brennnessel, die traditionell vor dem ersten Sud im Frühjahr angebracht und erst nach dem letzten Brauvorgang im Oktober entfernt werden. Die Halle selbst wird nicht elektrisch beleuchtet – Licht kommt hier durch kleine Fenster, Feuer und Kerzen. Besucher berichten regelmäßig, sie hätten beim Betreten das Gefühl, in eine andere Zeit zu treten.
Das Ergebnis dieser jahrhundertealten Methode ist das „Wansower Helle“ – ein hellgoldenes, unfiltriertes Bier mit deutlicher Hefepräsenz, weicher Kohlensäure und einer kernigen, fast brotigen Getreidenote. Der Hopfen stammt aus Klodorf, das Malz wird zum Teil noch in der alten Mälzerei Trübbrück vorgekeimt. Die Brauer legen großen Wert darauf, dass das Bier keine Filterung durchläuft – „es soll schmecken, wie es aus dem Feuer kommt“, so ein Werkstattbrauer.

Ausgeschenkt wird das „Wansower Helle“ ausschließlich in handgetöpferten Tonkrügen, die eigens in einer kleinen Werkstatt am nördlichen Ortsrand gefertigt werden. Jeder Krug trägt das eingeritzte Wappen der Werkstatt – ein stilisierter Hufkessel mit Flamme – sowie das Herstellungsjahr. Viele Gäste nehmen ihre Krüge nach dem Bierlichen Wochenende mit nach Hause, doch leer müssen sie bleiben: Außerhalb der Brauerei wird das Bier nicht vertrieben. Es gibt keine Flaschen, keine Fässer für den Export, keine Lieferungen. Wer „Wansower Helles“ trinken möchte, muss nach Wansow kommen.
Von März bis Oktober öffnet die Brauerei ihre Tore jeweils am ersten Wochenende des Monats im Rahmen des sogenannten „Bierlichen Wochenendes“. Dann versammeln sich Brauer, Gäste und Musikanten in und um die Brauhalle. Die Feuer brennen bis tief in die Nacht, es wird gesungen, verkostet, diskutiert – über alte Maischverfahren, über Wetterlagen und über das Gleichgewicht von Feuer und Schaum. In einer Seitenkammer der Werkstatt hängt eine große handgemalte Sudtafel, auf der jeder gebraute Sud mit Datum, Braumeister, Witterungsbedingungen und Feuerholzart verzeichnet ist. Die älteste Eintragung stammt aus dem Jahr 1783 und wurde vom Enkel Ternhufs mit blauer Kreide festgehalten.
Die Werkstatt versteht sich nicht als Museum, sondern als lebendiger Ort des Tuns. Auch wenn Besucher willkommen sind, bleibt der Zugang begrenzt. Wer bei einem Brauvorgang zusehen will, muss sich eintragen – und mithelfen: Holz nachlegen, Rührlöffel halten, Hopfen sortieren. So bleibt das Wissen nicht in Broschüren, sondern geht durch Hände und Feuer.
Zwei weitere Biersorten ergänzen das Wansower Repertoire: das „Helle Rauch“, ein bernsteinfarbenes, über Birkenholzrauch gebrautes Bier mit leicht speckigem Ton, und das saisonale „Weizenfunke“, ein naturtrübes Sommerbier mit feiner Säure, das im August zusammen mit Honiggebäck gereicht wird. Doch das „Wansower Helle“ bleibt das Herz – ein Bier, das durch Feuer, Zeit und Nähe lebt. Wer am Rand der Halle steht, den Tonkrug in der Hand, der hört oft ein Zischen, das nicht vom Kessel stammt – sondern von den Geschichten, die zwischen Krügen, Holz und Stimmen weitergegeben werden.

Gelegentlich öffnet die „Wansower Helle Werkstatt“ auch Räume und Mittel für kulturelle Projekte, die in engem Bezug zur lokalen Bierkultur stehen. So wurde etwa die Ausstellung „Beer and Nude“ im Alten Schulhaus Wansow maßgeblich durch eine Sachspende der Brauerei unterstützt – in Form von Tonkrügen, thematischen Leihgaben aus dem Werkstattarchiv und einer temporären Fassausstattung für den Eröffnungsabend. Solche Kooperationen entstehen oft spontan, angestoßen durch Gäste, Künstler oder Dorfbewohnerinnen. Die Werkstatt verfolgt dabei kein offizielles Kulturprogramm, sondern fördert das, was zum Ort passt: Ausstellungen, Lesungen, kleine Theaterprojekte oder Dokumentarfilmvorführungen, die den Zusammenhang von Handwerk, Körper, Landschaft und Bier in neuen Perspektiven zeigen. Damit ist die Werkstatt nicht nur ein Ort des Brauens, sondern auch ein Motor für eine Kultur, die aus der Region kommt und in ihr verankert bleibt.