(Pop.: 128 – 15m NN)

Das kleine Dorf Pechstein liegt an der Küste des Mare Internum, am südlichen Rand der Bierländer Schweiz, eingebettet zwischen dem dichten Wald des Schwanenbergs und der offenen See. Nur 128 ständige Bewohner leben hier, doch der Ort wirkt oft belebter, da über das Jahr hinweg eine stetige Zahl an Besuchern eintrifft. Manche verweilen in den Hotels des Dorfes, andere unternehmen Tagesausflüge von Kreuzberg oder Entenbad. Die Lage macht Pechstein zu einem Ziel für Menschen, die gleichermaßen Küste wie Wald erleben möchten: Hinter den letzten Häusern steigen die bewaldeten Hänge steil an, während im Westen der schmale Strandstreifen beginnt, an dem Fischerboote liegen.

Bekannt ist Pechstein vor allem durch den „Steingarten der Fischerwitwen“, ein Areal, das gleich am Dorfrand liegt und viele Fragen aufwirft. Es handelt sich um eine aufgelassene Grabstätte aus dem 18. und 19. Jahrhundert, auf der über zwanzig steinerne Figuren stehen. Manche sind verwitterte Engel, andere haben groteske Züge, als ob Wind und Salz sie in fremdartige Gestalten verwandelt hätten. Die Dorfbewohner erzählen, dass Frauen von verunglückten Fischern diese Statuen errichten ließen, um ihre Männer zu ehren, und dass einige Skulpturen bewusst deformiert gestaltet wurden – als Zeichen des Schmerzes über den Verlust. Besonders in der Abendsonne, wenn die Schatten lang werden, wirkt dieser Ort eindrucksvoll. Besucher finden hier Bänke, von denen aus man sowohl auf die See wie auch in die schmale Senke des Dorfes blicken kann.

Das Dorf selbst besteht aus einer kleinen Hauptgasse, die vom Hafenplatz aus ins Hinterland führt, sowie einigen Nebenwegen, die sich zu den Gasthäusern, Gärten und Ferienunterkünften verzweigen. Trotz der geringen Zahl an Einwohnern gibt es drei kleine Hotels, die den Tourismus tragen. Das Hotel „Am Schwanenberg“ bietet einfache Zimmer mit Blick auf die Hänge der Bierländer Schweiz und wird von der Familie Balser betrieben. Im „Seeblick-Hotel Pechstein“, das näher an der Küste liegt, schätzen die Gäste den großen Speisesaal, in dem auch Einheimische zu Tanzabenden zusammentreffen. Schließlich gibt es das „Haus Meeresruh“, ein älteres Gebäude mit knarrenden Holztreppen, das vor allem Wanderern Unterkunft bietet, die den Schwanenberg besteigen wollen.

Neben den Hotels prägen zwei Gaststätten das Dorfleben. Die „Fischerklause“ liegt direkt am kleinen Hafen, serviert gegrillten Aal, Schollenfilets und das lokale Zento-Karpfen-Gericht, das es nur während der Niedrigwasserwochen gibt. Der Wirt, Karl Heinke, ein ehemaliger Fischer, erzählt gern Geschichten von Stürmen und verlorenen Booten, und viele Besucher bleiben länger sitzen, als sie geplant hatten. Die zweite Gaststätte ist die „Pechsteiner Stube“, ein Gasthof an der Hauptgasse, der sich auf einfache Gerichte wie Eintöpfe, Brotzeiten und Bier aus den umliegenden Brauereien spezialisiert. Hier sitzt man dicht gedrängt, oft an langen Holztischen, was die Begegnung zwischen Reisenden und Einheimischen fördert.

Auch wer Abwechslung sucht, findet in Pechstein einiges zu tun. Mehrmals in der Woche bieten Fischer Bootstouren entlang der Küste an. Sie zeigen den Besuchern die Kanten der Bierländer Schweiz vom Wasser aus und werfen dabei Netze aus, deren Fang anschließend direkt an Bord verkostet wird. Für Wanderer gibt es markierte Wege zum Schwanenberg, von dessen Gipfel man bei klarem Wetter bis nach Bierona sehen kann. Besonders beliebt ist der „Pfad der Witwen“, ein Rundweg, der vom Steingarten aus über die Hänge und zurück ins Dorf führt und mit kleinen Tafeln die Geschichte des Fischfangs in der Region erzählt. Ein besonderes Erlebnis für Wanderfreunde ist der Weg durch das Wadnitztal hinauf zum Schwanenberg, eine rund 19 Kilometer lange Route, die vom Dorf aus durch lichte Auen, kleine Bachquerungen und schließlich in die Höhen der Bierländer Schweiz führt. Unterwegs stehen mehrere einfache Schutzhütten bereit, ausgestattet mit Kamin, Feuerholz und schlichten Holzpritschen, sodass man die Strecke hin und zurück bequem in zwei oder drei Tagen gehen kann. Viele Reisende nutzen diese Möglichkeit, um das Naturerlebnis zu vertiefen: Abends lodert das Feuer, während draußen das Rauschen des Waldes und das ferne Brausen des Meeres zu hören ist. Am Morgen setzt man den Weg gestärkt fort, bis man nach einem Anstieg den Schwanenberg erreicht, von dessen Gipfel sich der Blick weit über die Küste und das Mare Internum öffnet.

Für Kinder gibt es während der Sommermonate eine „Seefahrerschule“, organisiert von den älteren Fischern des Dorfes. Hier lernen die Jüngeren Knotenkunde, Segelsetzen und das einfache Flicken von Netzen. Das Wissen wird so nicht nur spielerisch weitergegeben, sondern bleibt auch lebendig, obwohl der Fischfang im Ort nur noch eine Nebenrolle spielt. Die meisten Fänge werden heute ohnehin auf dem Fischmarkt in Kreuzberg verkauft, der jeden Dienstag und Freitag in den frühen Morgenstunden geöffnet ist. Fischer aus Pechstein fahren dazu mit ihren Booten oder Transportern hinüber. Zwischen 5:30 und 9:00 Uhr wird dort Aal, Garnele und der geräucherte Zento-Karpfen angeboten, der ausschließlich in den Wochen niedrigen Wasserstands gefangen werden darf.

Pechstein ist ein Ort, der Kontraste lebt: Wenige feste Bewohner, doch viele Besucher. Ein stilles Dorf mit einer Vergangenheit voller harter Arbeit auf See und zugleich ein lebendiges Ziel für Wanderer, Badegäste und Kulturinteressierte. Wer den Ort besucht, sollte nicht nur die touristischen Angebote nutzen, sondern auch einen Blick auf das Dorfleben werfen: Frauen, die vor den Häusern Kräuter trocknen, Männer, die ihre Netze am Strand ausbreiten, und Kinder, die auf den kleinen Booten spielerisch das Einholen der Segel üben.

Die Verbindung von Küste, Wald und Geschichte macht Pechstein zu einem besonderen Ort am Mare Internum. Nicht groß, nicht mondän, sondern konzentriert auf das Wesentliche: die Nähe zur Natur, die Erinnerung an Verluste und das Weitergeben von Tradition. So wird Pechstein für viele Besucher zu einem der eindrucksvollsten kleinen Dörfer des Landkreises Kreuzberg – ein Ort, der sich in das Gedächtnis einprägt, so wie die verwitterten Skulpturen im Steingarten der Fischerwitwen.

Ch.: B4 (N: Kreuzberg 8km, O: Schwanensee 10km), Wanderweg durch das Wadnitztal zum Schwanenberg