(Pop.: 472 – 158m NN)

Schwanensee liegt am Rand der Bierländer Schweiz, dort, wo das Mare Internum seine Küste in flachen Buchten öffnet und die Hänge des Schwanenbachtales in die Höhe steigen. Der Ort zieht sich langgestreckt vom Bootssteg am Ufer über die Talsohle bis hinauf in die oberen Siedlungsteile, die auf 158 Metern Höhe liegen. Wer das Dorf vom Meer her erreicht, sieht zuerst die weißen Boote am Steg, Fischer, die Netze flicken, und Kinder, die am Schwanenbach Steine hüpfen lassen. Weiter im Ortskern zeigen sich Häuser aus Feldsteinen und Fachwerk, teils mit Schieferdächern, teils mit roten Ziegeln, eng an die Hänge des Tales gebaut.

Der Schwanenbach prägt das Dorf, er entspringt oberhalb im Bergwald und zieht sich durch die Mitte. Ihm folgt auch der Wanderpfad, der 8,5 Kilometer hinauf zum Schwanenberg führt, mit 689 Metern die höchste Erhebung des Landkreises Kreuzberg. Dieser Weg ist beliebt bei Besuchern wie bei Einheimischen. Unterwegs findet man einfache Schutzhütten aus Holz, ausgestattet mit Kamin, Feuerholz und groben Betten – Relikte aus alten Waldarbeiterzeiten, heute von Wanderern gern genutzt.

Die Menschen in Schwanensee leben von einem Mix aus Landwirtschaft, Handwerk und Tourismus. Am unteren Ortsrand liegt der Ziegenhof Marlow, ein Familienbetrieb mit etwa 80 Tieren. Er produziert Käse, Milch und Joghurt, die nicht nur in der Region verkauft, sondern auch in der Dorfgaststätte verarbeitet werden. Besucher können den Hof besichtigen, beim Melken zusehen und selbst Käse probieren.

In der Dorfmitte befindet sich die Poststelle, die mehr ist als eine logistische Einrichtung: Sie dient als Treffpunkt, schwarzes Brett und Diskussionsort für das Dorfgeschehen. Daneben steht die Schwanenwald-Brauerei, ein massiver Bau aus grauem Bruchstein mit hölzernem Giebeldach. Hier wird das dunkle Steinbier gebraut, eine Spezialität, bei der erhitzte Felsenpfannen in die Maische gelegt werden, wodurch das Bier eine besondere Tiefe erhält. Im Sommer kann man im Hof der Brauerei Krüge verkosten; im Winter duftet es in den niedrigen Räumen nach Malz, Rauch und Holzfeuer.

Schwanensee besitzt auch eine kleine Schule, die gleichzeitig als Gemeindehaus dient. Hier finden Konzerte, Lesungen und Dorfratssitzungen statt. Im Mai veranstalten die Kinder das sogenannte Schwanenbacher Spiel, ein traditionelles Theaterstück mit Masken, das Szenen aus dem Dorfleben parodiert.

Zur Gemeinde gehört die kleine Siedlung Schwanenwald, die tief im Wald verborgen liegt. Mit ihren 47 Bewohnern ist sie fast ein vergessenes Fleckchen. Ein altes Forsthaus steht leer, daneben die Zwergschule, die noch vier Schüler zählt. Einfache Holzhäuser mit Obstgärten und Bienenstöcken bestimmen das Bild. Viele Bewohner leben von Imkerei, Pilzsammlung und kleinem Tourismus. Wanderer, die sich verlaufen, werden hier freundlich aufgenommen und nicht selten mit einem Glas Waldhonig oder einem Korb Pfifferlinge beschenkt.

Besonders geheimnisvoll ist die Kapelle ohne Namen, mitten im Schwanenwald gelegen. Sie besteht aus grobem Flussgeröll, vermutlich im 18. Jahrhundert errichtet, ohne Glockenturm, ohne Verzierungen. Es gibt keine offiziellen Wegweiser, und doch wird sie regelmäßig besucht. Besonders im Mai, wenn die Fliederbüsche blühen, finden sich hier kleine Prozessionen ein. Kerzen werden entzündet, Blumen niedergelegt, Lieder gesungen. Niemand weiß genau, wer die Kapelle erbaut hat – eine Geschichte erzählt von Fischern, die einst nach einem Sturm überlebten und den Bau als Dank errichteten.

Das Leben im Dorf ist eng mit dem Schwanenberg verbunden. Alljährlich im September findet der Schwanenberg-Lauf statt, ein Volkslauf, der am Bootssteg beginnt und über den Wanderweg bis zum Gipfel führt. Teilnehmer aus dem ganzen Landkreis reisen an, die Schnellsten schaffen die Strecke in unter einer Stunde. Im Ziel werden die Läufer mit Bier der Schwanenwald-Brauerei und Ziegenkäse vom Hof Marlow empfangen.

Auch die Fischerei spielt noch eine Rolle. Einige Familien besitzen Boote, mit denen sie im Mare Internum Aale und Karpfen fangen. Ein Teil des Fangs wird auf dem Markt in Kreuzberg verkauft, besonders der geräucherte Zento-Karpfen ist begehrt. In Schwanensee selbst gibt es kleine Räucheröfen, aus denen am frühen Morgen Rauch aufsteigt.

Eine besondere Anekdote wird im Dorf über die Schwanenbachflut von 1912 erzählt. Damals stieg nach tagelangem Regen der Bach so stark an, dass mehrere Häuser am Unterlauf überschwemmt wurden. Der Legende nach soll ein Schwarm weißer Schwäne am Tag danach über das Dorf geflogen sein – seitdem trägt es den Namen „Schwanensee“.

Heute zeigt sich Schwanensee als lebendiger Ort mit starker Gemeinschaft. Der Dorfplatz ist das Herz, wo Märkte stattfinden und Kinder Fußball spielen. An Sommerabenden sitzen die Menschen auf den Stufen der Poststelle, trinken Bier, erzählen Geschichten. Im Winter trifft man sich in der Brauerei oder am Kamin der Schule.

Wer hierher kommt, erlebt ein Dorf, das Küste, Wald und Berge auf besondere Weise verbindet: Das weite Mare Internum mit seinem leisen Wellenschlag, das grüne Tal des Schwanenbaches und den steilen Schwanenberg, der in klaren Nächten schon von weitem sichtbar ist.

Bahn: BZF113 stündlich 6:43 – 20:43 nach Bierona, 21:43 nach Mule; 6:27 – 20:27 nach Nova, 21:27 nach Bad Novamünde

Ch.: B4 (W: Pechstein 10km, O: Entenbad 10km); BL11 (NO: Schwanenwald)