
(Pop.: 47 – 242m NN)
Die Siedlung Schwanenwald liegt verborgen im dichten Mischwald der Bierländer Schweiz, nur wenige Kilometer oberhalb des Dorfes Schwanensee. Mit ihren gerade einmal 47 Einwohnern wirkt sie fast wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit. Der Ort besteht aus einer Handvoll Häuser, deren Dächer aus Holzschindeln bestehen, dazu ein altes Forsthaus, das seit Jahren leer steht, und eine kleine Schule, die noch von vier Kindern besucht wird.
Die Geschichte der Siedlung reicht in das 18. Jahrhundert zurück, als Waldarbeiter und Harzsammler hier ihre ersten Hütten errichteten. Über Jahrzehnte war Schwanenwald vor allem ein Ort der Forstwirtschaft und des einfachen Lebens. Die meisten Bewohner lebten vom Holzschlagen, vom Sammeln von Pilzen und Beeren und von der Haltung weniger Tiere. Heute sind diese Tätigkeiten zwar nicht verschwunden, aber ergänzt um neue Formen der Selbstversorgung. Mehrere Familien betreiben Imkerei, und die Waldhonige aus Schwanenwald – darunter ein dunkler Tannenhonig und ein heller Lindenhonig – sind in der Region beliebt. Andere Bewohner widmen sich der Pilzkunde und bieten im Herbst Führungen für Besucher an, die nach Steinpilzen oder Pfifferlingen suchen.

Die kleine Schule im Ort ist ein besonderer Ankerpunkt. Nur vier Kinder lernen dort, betreut von einer Lehrerin, die zugleich die Poststelle und die kleine Gemeindebibliothek mitbetreut. Es ist ein Ort, an dem Traditionen weitergegeben werden – nicht nur Lesen und Schreiben, sondern auch das Wissen um den Wald, seine Pflanzen, seine Gefahren und seine Geschichten. Mehrmals im Jahr gibt es kleine Aufführungen der Schulkinder, die von Liedern und Theaterstücken handeln, meist inspiriert von der Natur um sie herum.

Ein besonderes Bauwerk ist die Kapelle ohne Namen, die im Wald abseits der Häuser liegt. Sie wurde aus grobem Flussgeröll errichtet, ohne Inschrift, ohne Glockenturm, und wirkt fast so, als sei sie von den Steinen selbst geformt. Es gibt keinen offiziellen Weg dorthin, und doch finden immer wieder Menschen den Ort – vor allem im Mai, wenn eine Art stilles Pilgerfest stattfindet. Dann versammeln sich Dorfbewohner, aber auch Menschen aus Schwanensee und Kreuzberg, um Kerzen aufzustellen und einfache Lieder anzustimmen. Manche sprechen von einem alten heidnischen Kultplatz, andere sehen in der Kapelle einen Ort der Versöhnung. Sicher ist nur, dass sie zu den geheimnisvollsten Orten der Bierländer Schweiz gehört.
Das soziale Leben in Schwanenwald ist eng und gleichzeitig schlicht. Es gibt keine Gaststätte, kein Geschäft, aber einmal im Monat kommt ein mobiler Händler mit einem Wagen voller Grundwaren – Mehl, Zucker, Salz, Öl – und hält auf dem Dorfplatz. Ansonsten versorgen sich die Bewohner weitgehend selbst oder gehen ins nahe Schwanensee, um Dinge einzukaufen. Was Schwanenwald jedoch reichlich bietet, sind Geschichten und Bräuche. Alte Lieder von Holzfällern werden hier noch gesungen, und im Winter treffen sich die Familien in einer der Scheunen, um gemeinschaftlich Brot im Lehmofen zu backen.
Touristisch ist Schwanenwald kein klassisches Ziel, doch Wanderer finden hier eine besondere Atmosphäre. Der Ort liegt am Abzweig des Wanderpfads zum Schwanenberg, und manche nutzen die Gelegenheit, hier zu rasten. Einfache Gästezimmer gibt es nicht, doch einzelne Familien nehmen gegen eine kleine Spende Wanderer auf, die im Stroh schlafen oder eine Matratze im Nebenzimmer bekommen. Manchmal werden Besucher am Abend eingeladen, am Feuer zu sitzen, Geschichten zu hören oder selbst Musik beizutragen.
Besonders markant ist das leerstehende Forsthaus am Rande der Siedlung. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut und diente lange als Sitz des Försters, der die umliegenden Wälder verwaltete. Seit den 1970er Jahren steht es leer, doch seine Fensterläden sind noch intakt, und manchmal veranstalten Jugendliche aus Schwanensee hier kleine Feste. Einige träumen davon, es zu einem Naturzentrum oder einer Herberge umzubauen, doch bislang fehlt es an Mitteln.
Schwanenwald ist in vielem ein Symbol: für Rückzug, für Einfachheit, für das Leben im Einklang mit dem Wald. Hier gibt es keine lauten Straßen, kein schnelles Internet, keine Industrie. Stattdessen summen Bienen, rauscht der Bach, und die wenigen Häuser stehen wie Inseln im Waldmeer. Besucher, die sich auf diesen Ort einlassen, berichten oft von einer Ruhe, die sie nirgendwo sonst gefunden haben.
Ch.: BL11 (SW: Schwanensee, N: Tabakfelsen), Wald- und Feldweg nach Entenbad