(Pop.: 11.756 – 44m NN)

Langsalza, die Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises im Seeland, liegt auf einem leichten Rücken im Tal des Rimfrostelv. Die Lage schützt seit Jahrhunderten vor Hochwassern, und sie hat es ermöglicht, dass die Stadt stetig gewachsen ist, ohne von den Launen des Flusses bedroht zu werden. Heute leben hier rund 11.756 Menschen, deren Alltag sich stark um die Funktionen als Markt- und Verwaltungszentrum dreht. Vieles von dem, was in den Dörfern und an der Küste erarbeitet wird, sammelt sich in Langsalza, wird auf dem Marktplatz verhandelt oder über die Bahn weiter in Richtung Western und Kohla verschickt.

Das Zentrum der Stadt ist der Markt, ein rechteckiger Platz, auf dem zwei mächtige Platanen seit Jahrhunderten Schatten spenden. Am Markt 1 steht das Rathaus, eine Mischung aus Backstein und hellem Putz, die den verschiedenen Bauphasen vom 16. bis ins 19. Jahrhundert geschuldet ist. Gegenüber, am Markt 2, hat die Kreisverwaltung ihren Sitz in einem umgenutzten Salzspeicher. Wer das Gebäude betritt, meint noch im Sommer einen Hauch von Sole im Dachstuhl zu spüren, ein Geruch, der an die Zeit erinnert, als Salz aus Nolo hier eingelagert und auf Schiffe am Kai verteilt wurde.

Der Hauptbahnhof in der Bahnhofstraße 12 ist ein niedriger Ziegelbau, dessen Fassade einfache Formen zeigt, jedoch von einem Stellwerk flankiert wird, das mit genieteten Stahlträgern errichtet wurde. Von hier fahren stündlich Züge nach Western, nach Kohla und nach Nassfeld. Häufig stehen Kisten mit geräuchertem Hering, Säcke voller Saatgut und gebündelte Maschinenteile auf den Bahnsteigen. So ist die Bahnlinie nicht nur ein Transportmittel, sondern auch eine Bühne für das, was in der Region produziert und gebraucht wird. Im Westen der Stadt gibt es noch einen kleinen Bahnhof Langsalza West an der Northern Desert Railway.

Ein Wahrzeichen Langsalzas ist die Rimfrostelv-Brücke, ein dreibogiger Feldsteinbau aus dem Jahr 1507. Sie verbindet die Stadt mit den westlichen Fluren und dient zugleich als Handelsplatz. Händler legen hier ihre Waren ab: Holzscheite, Netze, Gurkenfässer aus Zulo. Unweit davon liegt der kleine Rimfrostkai, wo die flachen Lastkähne von Anton Keßler und seiner Tochter Maike liegen. Im Frühjahr transportieren sie mit Treidelpferden Saatgut und Dünger flussaufwärts, im Herbst bringen sie Korn und Mehl zurück in die Stadt. Dieses kleine Bild der Treidelschifffahrt gehört zu den Szenen, die Besucher faszinieren, weil sie den Fluss als Verkehrsweg sichtbar machen.

Langsalza ist eine Stadt der Viertel. Die Salzstapelgasse, gesäumt von Speichern aus dem 17. Jahrhundert, erzählt von der Salzzeit. Einer der Speicher dient heute als Archiv des Landkreises, in dem die alten Verträge der Salzmeister und Hafenregister von Nolo verwahrt werden. Ganz anders die Maschinenstraße, in der Werkhallen dominieren. In der Maschinenstraße 4 fertigt die Firma Holm & Wendt Ankerwinden und Krangeschirr, die in den Küstendörfern gebraucht werden. Mittags essen die Arbeiter in der Kantine der Konservenfabrik „Teich & Meer“ am Rimfrostufer 11, wo eine kräftige Fischsuppe die Standardmahlzeit ist.

Die Kirchstraße prägt die St.-Nikolaus-Kirche, ein spätgotischer Backsteinbau mit Staffelgiebeln. Ihr Holzglockenturm steht separat, und das Taufbecken aus grobem Granit zeugt von der Schlichtheit, die den Kirchenbau bestimmte. Unter der Decke hängt ein Votivschiff, das 1649 von einem Kapitän namens O. Torssen gestiftet wurde, nachdem er ein Langboot über einen Riffsand retten konnte. Gegenüber verkauft die Bäckerei Rimkorn der Familie Braks ihr salzkrustiges Brot, ein Gebäck, das ursprünglich für Fischer als haltbare Wegzehrung gedacht war.

Am Markt findet man mit dem „Hotel Drei Netze“ und dem Gasthaus „Zum Salzträger“ zwei Adressen, die für Gäste fast obligatorisch sind. Während das Hotel schlichte Zimmer mit Blick über die Dächer bietet, schenkt Wirtin Ines Pechler im Gasthaus ein helles Hausbräu aus Zuloer Gerste aus. Dazu serviert sie das „Netzfutter“ – geröstete Rettichscheiben mit Hering.

Langsalza hat mit dem „Museum für Grenzland und Sturmsee“ in der Museumsstraße 5 einen Ort geschaffen, an dem die Geschichte fassbar wird. Ein Raum widmet sich den Teichkriegen des 17. Jahrhunderts, die das Land erschütterten. Besucher können auf einer Reliefkarte die Belagerungen nachspielen. Besonders auffällig ist der Runenstein von Kjølevann, 1884 beim Graben eines Wasserlaufs entdeckt. Er zeigt ein eingeritztes Schiff und verweist auf die Wikingerzeit. Andere Räume widmen sich der Eisenbahn: Schienenstücke, ein alter Telegraf, Uniformen und eine Hebeldraisine, die sonntags von der Jugendfeuerwehr betreut wird. Nicht weit vom Museum beginnt der „Salzfahrer-Weg“, ein markierter Pfad, der an die Salztransporte erinnert.

Im Jahreslauf zeigt Langsalza verschiedene Gesichter. Im Mai findet die Saatgutmesse statt, auf der Bauern aus Belo und Zulo ihre Körner zeigen. Mancher Kauf wird mit dem Knacken eines einzelnen Korns zwischen den Zähnen entschieden. Im Juli gehören die Wäscherinnen zum Bild der Stadt: An langen Seilen hängen sie Laken über dem Rimfrostelv aus, ein Brauch, der von einer kleinen Zunft gepflegt wird.

Kulinarisch lohnt die „Rimfrost-Pfanne“ im „Zum Salzträger“. Sie kombiniert Kartoffeln, Hering, Zwiebeln und wird mit einem Löffel Sole aus Nolo abgezogen. Dieses Gericht verbindet die Region mit ihrer Geschichte, da es Elemente aus Landwirtschaft, Fischerei und Salzsieden zusammenführt.

Langsalza ist nicht nur Verwaltungssitz, sondern auch Erinnerungsort. Die Windfahne in Schiffsform auf der St.-Nikolaus-Kirche, das Votivschiff im Kirchenraum, die Speicher in der Salzstapelgasse, der Runenstein im Museum, die Brücke über den Rimfrostelv – all diese Dinge erzählen davon, wie tief Wasser, Salz und Handel in der Stadt verwurzelt sind. Wer hier verweilt, erlebt eine Stadt, in der Geschichte und Gegenwart eng beieinanderliegen, und in der die Alltagskultur ebenso prägend ist wie die großen Ereignisse.

Bahn: Northern Desert Railway: Eilzüge 9:01, 13:01, 17:01; 21:01 nach Western, 5:50, 9:50, 13:50, 17:50 nach Tremo; NDR3001 stündlich 6:49 bis 21:49 nach Western, 6:32 – 21:32 nach Kohla; SeeLB85 stündlich 6:35 – 21:35 nach Nassfeld

Ch.: SEE3 (N: Volo, S: Klamsdorf), SEE8 (W: Belo, O: Bunsa); SEE10 (O: Hocheck)