(Pop.: 199 – 8m NN)

Volo liegt an der Bucht von Kohla, zwölf Kilometer östlich von Nolo, eingebettet zwischen schmalen Küstenwäldern und den langen Deichlinien, die das Meer seit Jahrhunderten vom Land trennen. Mit nur 199 Bewohnern gehört es zu den kleinsten Orten im Landkreis Langsalza. Wer die Dorfstraße betritt, merkt sofort, dass hier vieles vom Rhythmus des Fischfangs und der Instandhaltung bestimmt wird: Boote liegen auf Holzbohlen, Netze hängen zum Trocknen über Gestellen, und Werkstätten summen, in denen Holzplanken, Segeltuch und Seile bearbeitet werden.

Das wichtigste Wahrzeichen Volos ist das Sturmseefeuer Volo, ein achteckiger Leuchtturm aus genieteten Eisenblechen, errichtet 1896 am östlichen Ende des Dorfes. Das schwache Dauerlicht wies einst Salzschiffen aus Nolo und Volo den Heimweg über die Bucht. Bei Westwind knackt die Eisenhaut des Turms wie ein altes Schiff, ein Klang, den die Bewohner längst mit Heimat verbinden. Heute ist der Leuchtturm zwar technisch überholt, doch Besucher können ihn besichtigen. Von der kleinen Plattform aus reicht der Blick über die ganze Bucht bis nach Kohla, während unter den Füßen das Meer gegen den Steinfuß schlägt.

In der Dorfstraße 3 erhebt sich die St.-Ansgar-Kirche, die dritte der markanten Kirchen des Kreises Langsalza. Sie ist ein schlichter Bau aus groben Feldsteinen, deren Oberfläche vom Salz des Meeres gezeichnet ist. Ein hölzerner Glockenstuhl steht neben dem Kirchenschiff, schlicht, aber von kräftigen Balken gehalten. Besonders auffällig sind die beiden bearbeiteten Runensteine, die in die Stufen der Südtür eingelassen sind. Man fand sie beim Anlegen des Kirchhofs; seitdem werden sie als Schutzzeichen gedeutet, die jedem Besucher Kraft und Gelingen mitgeben sollen. Im Kircheninneren werden zudem drei Backsteinplatten aufbewahrt, die man früher für Urnendeckel hielt. Wahrscheinlicher ist, dass sie alte Dachziegel der Pfarrscheune sind, in die Dorfbewohner Runen eingeritzt hatten. Auch diese Steine stehen im Ruf, Glück zu spenden, und kein Kind verlässt die Kirche, ohne einmal darüber gestrichen zu haben.

Das Leben in Volo ist eng mit dem Fischfang verbunden. Zweimal in der Woche steigt aus der Rauchhütte „Voloer Lunge“ dunkler Rauch auf. Betreiber Hilmar Ove, ein kräftiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht, hängt dort Heringe in langen Reihen über den Feuerstellen. Das Ergebnis ist der „Voloer Lange“, ein besonders dichter und dunkler Rauchhering, der im Dorf in Papier eingeschlagen und mit einer Zwiebel verkauft wird. Von hier aus rollen Lieferungen auf der SEE3 nach Langsalza, wo die Spezialität in Restaurants serviert wird. Besucher können beim Räuchern zuschauen und manchmal auch ein frisch geräuchertes Exemplar direkt aus der Hütte probieren – heiß, würzig und intensiv im Geschmack.

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Deichwerkstatt in der Werkhofstraße 1. Sie zeigt historische Geräte, mit denen im 19. Jahrhundert Deichbau betrieben wurde. Besonders eindrucksvoll ist eine massive Seilwinde, mit der Pfahlköpfe in den nassen Grund gerammt wurden. Bei Führungen dürfen Gäste die Mechanik selbst bewegen und erleben, wie schwer diese Arbeit einst war. An den Wänden hängen alte Werkzeuge der Deichläufer: Spaten, Maßstäbe und lederne Wasserhosen, die an vergangene Mühen erinnern.

Volo bewahrt auch eigene Rituale. Wenn die Heringe im Frühjahr in die Bucht ziehen, hängen die Fischer kleine Glocken an ihre Bootsmasten. Im Wind klingen sie wie ein silbernes Konzert. Man sagt, die Fische würden vom Läuten angezogen – oder zumindest die Möwen abgeschreckt. Dieser Brauch ist so fest verankert, dass auch Kinder kleine Glocken an Fahrrädern oder Schubkarren befestigen, wenn sie am Hafen spielen.

Einmal im Jahr, im März, werden die Deiche geprüft. Gemeinsam mit Nolo hängen die Voloer bunte Lappen an Staken in die Durchlässe. Je nachdem, wie weit der Wind sie treibt, erkennen die Deichläufer, ob einer der Kanäle beschädigt ist. Für Besucher ist dieses Schauspiel bunt und eindrucksvoll, für die Dorfgemeinschaft aber ein ernstes Zeichen für Sicherheit und Überleben.

Im Alltag lebt Volo von kleinen Strukturen. Ein alter Speicher dient heute als Bootswerkstatt, wo Planken ersetzt, Netze geflickt und Motoren repariert werden. Frauen des Dorfes betreiben eine kleine Marktbude, an der neben Räucherfisch auch getrocknete Algen, Gemüse aus dem Küstenwald und einfache Salzkräuter verkauft werden. Der Platz vor der Kirche ist dabei Treffpunkt und Tauschbörse.

Das Dorf hat keine große Gastwirtschaft, doch im Sommer öffnet am Hafen ein kleiner Ausschank, betrieben von den Familien Ove und Nyström. Dort gibt es Bier aus Zulo, frisch geräucherten Hering und Brot aus Langsalza. Auf schlichten Holzbänken mit Blick über die Bucht lässt sich das Dorfleben am besten erleben.

Volo ist ein Dorf der Arbeit, aber auch der Erzählungen. Die ältesten Fischer schwören, dass man an stürmischen Nächten das Läuten der Glocken von Kohlas Wacht – weit draußen auf dem Deichsporn bei Nolo – noch heute hören kann. Andere berichten, dass das Knacken des Sturmseefeuers wie ein Herzschlag sei, der das Dorf beschützt. Ob Legende oder Wirklichkeit: Besucher spüren schnell, dass Volo mehr ist als ein Ort des Fischfangs – es ist ein lebendiges Kapitel der seeländischen Küstenkultur.

Ch.: B30 (W: Nolo 12km, O: Kohlamünde 10km); S: SEE3 (S: Langsalza)