
(Pop.: 7.569 – 402m NN)
Die Kreisstadt Nassfeld liegt auf 402 Metern Höhe am Fuß des Sturmgebirges, dort, wo die Hänge in Stufen zur Seeland-Ebene abfallen. Zwei kleine Bergbäche, der Mühlgraben und das Rote Wasser, haben hier eine Senke geformt, in der sich das Städtchen aus einer alten Trift- und Sammelstelle für Holz entwickelt hat. Heute zählt es 7.569 Einwohner und gilt als Zentrum der Holz- und Möbelwirtschaft im südlichen Seeland. Schon beim Ankommen fällt die Nähe zwischen Arbeit und Alltag auf: Wohnhäuser, Werkhallen und Lagerplätze stehen dicht beieinander, und über den Straßen hängt oft der Geruch von Harz und frisch gesägtem Holz.

Das Herz der Stadt bildet der Sägeplatz, ein rechteckig gepflasterter Platz mit den Resten alter Krananlagen, an denen noch im 19. Jahrhundert Stämme verladen wurden. An seiner Westseite erhebt sich das Rathaus, ein dreigeschossiger Bau mit Schieferdach und Durchgangsbögen zum sogenannten Holzmarkt, wo bis heute Bretterware, Beschläge und Öle verkauft werden. Von hier führt die Werkstraße nach Süden, gesäumt von den großen Hallen der Nassfelder Möbelwerke GmbH. Der Betrieb, seit 1968 in Familienhand, produziert einerseits einfache Serienmöbel für Schulen und Verwaltungen, andererseits Sonderstücke aus massiver Esche und Lärche, die überregional gefragt sind. Besonders die Stuhlserie „Skare“ mit gebogenen Lehnen gilt als Exportschlager.
In einer Seitenstraße am Riesel liegt die Fachschule für Holz und Gestaltung. In langen Hallen mit Oberlichtern üben Schüler an Werkbänken das Bearbeiten von Furnieren und Verbindungen. Die Räume sind übersät mit Schablonen, Kerben und Probestücken, die vergangene Jahrgänge hinterlassen haben. Eine enge Verbindung zwischen Schule und Industrie zeigt sich bei den jährlichen Gesellentagen, wenn Auszubildende auf dem Sägeplatz ihre besten Möbelstücke ausstellen und von Meistern aus dem Umland begutachten lassen.
Neben der Industrie gibt es in Nassfeld ein lebendiges Alltagsleben. Der Wochenmarkt findet mittwochs und samstags auf dem „Vorplatz der Halle C“ statt, einer Freifläche zwischen zwei Produktionshallen. Dort verkaufen Bauern aus Tsitsa Bohnen in Gläsern, Käser aus Hirsedorf ihre Laibe und Saatguthändler aus Weizenau kleine Papiertütchen mit Körnern. Viele Bewohner treffen sich in der Kantine „Birke“ an der Werkstraße, die nicht nur Frühstücksbrote anbietet, sondern abends auch als Treffpunkt dient. Hier spielen Handwerker Karten, während Schüler ihre Projektpläne auf Tischen auslegen.

Überragt wird die Stadt von einem Felsen, dem Gangstein, der als Aussichtspunkt dient. Jugendliche sitzen abends dort oben, während man tagsüber Arbeiter auf dem Treppenweg sieht, einer mit Holzstufen belegten Gasse, die die oberen Wohnviertel mit den Werkhöfen verbindet. Am Rand der Altstadt steht die Kirche St. Skara, eine Mischung aus Stein und Holz, deren Innenraum von schweren Querbalken abgeschlossen ist. Besonders auffällig ist ein Runenstein im Fußboden, dessen eingeritztes Schiffsmotiv an die frühesten Siedlungsphasen des Seelandes erinnert.

Eine Besonderheit der Stadt ist die rekonstruierte Holzriese am Triftkanal. Besucher können dort beobachten, wie Baumstämme über eine hölzerne Schussrinne ins Sammelbecken gleiten, begleitet von lautem Knallen und Spritzwasser. Diese Vorführungen ziehen regelmäßig Schulklassen und Touristen an und sind ein Beispiel dafür, wie das alte Wissen um Holztrift in Nassfeld lebendig gehalten wird. Gleich daneben befindet sich das kleine Triftarchiv, das Fotografien, Werkzeuge und Schablonen aus vergangenen Jahrhunderten zeigt.
Das Stadtbild ist geprägt von funktionaler Architektur, doch einzelne Orte setzen eigene Akzente. Am Markt gibt es die kleine Ladenzeile „Passage am Kirchhof“, in der der Gitarrenbauer Janos Pál aus Kornu seine Werkstatt betreibt. Er fertigt Gitarren aus Nassfelder Furnier, mit Schalllöchern in mandelförmiger Gestalt, und lädt Besucher dazu ein, auf den fertigen Instrumenten kurze Melodien anzuspielen. Am Stadtrand, im Viertel Riesenwiese, haben sich mehrere kleinere Handwerksbetriebe angesiedelt, darunter die Tischlerei „Form & Fuge“, die sich auf Ladentheken spezialisiert hat.

Das Hotel „Zum Gangstein“ liegt am Fuß des gleichnamigen Felsens in der Gangsteinstraße 12. Das Haus verfügt über 34 Zimmer, viele mit Blick auf die dunklen Bergflanken, und wird von Familie Strauß geführt. Die Ausstattung ist schlicht, aber auf Handwerk bedacht: Tische und Betten stammen aus der Produktion der örtlichen Möbelwerke, und in der Lobby hängen gerahmte Baupläne historischer Holzpressen. Oft steigen hier Vertreter von Zulieferfirmen ab, die mit den Nassfelder Betrieben in Kontakt stehen. Am Rande der Stadt, direkt am Triftkanal, liegt das Hotel „Holzriese“ (Am Kanal 5). Es wurde aus einer alten Triftmeister-Wohnung umgebaut und bietet 18 Zimmer. Besonders beliebt ist die kleine Terrasse am Wasser, wo Gäste die Vorführungen der hölzernen Schussrinne beobachten können. Der Betreiber, Ingo Melcher, hat die Innenräume mit alten Werkzeugen dekoriert, die er von ehemaligen Triftarbeitern gesammelt hat.

Zu den Gasthäusern gehört die Gaststube „Zur Späne“ in der Werkstraße 14, ein rustikaler Treffpunkt mit dunklen Holztischen. Hier kehren Arbeiter nach Schichtende ein, bestellen Bohneneintopf mit Speck oder gebratene Forelle aus dem Skarefoss. Die Wände sind mit eingeritzten Initialen übersät, die über Jahrzehnte von Stammgästen hinterlassen wurden. Eine zweite Adresse ist die „Kantine Birke“ (Werkstraße 6a). Ursprünglich als Werkskantine eingerichtet, öffnete sie auch für die Öffentlichkeit. Morgens gibt es belegte Brote und starken Kaffee, abends verwandelt sich der Raum in eine Schankstube mit Bier vom Fass und kleinen Speisen. Besonders am Freitagabend ist es hier voll, wenn Lehrlinge, Meister und Familien nebeneinander sitzen und die Woche ausklingen lassen.
Das soziale Leben Nassfelds ist eng mit den Betrieben verwoben. Viele Feste finden auf Werksgeländen statt, so auch das alljährliche „Spanfest“, bei dem Sägespäne zu Figuren gepresst und als Dekoration durch die Straßen getragen werden. Schüler der Fachschule gestalten daraus Tiere und Masken, die anschließend beim Umzug verbrannt werden. Solche Bräuche verknüpfen Arbeit und Vergnügen und unterstreichen den besonderen Charakter der Stadt.
In Nassfeld verdichten sich die Linien des Landkreises: von den Bohnenfeldern im Norden über die Saatguthöfe bis hin zu den Holzbauten des Südens. Die Stadt ist damit nicht nur Verwaltungssitz, sondern auch ein Spiegel der Region, in dem Geschichte, Handwerk und alltägliche Lebensweise eng beieinanderliegen.
Bahn: StLB84 stündlich 6:58 – 21:58 nach Grenzburg, 6:26 – 21:26 nach Trenwien, SeeLB85 stündlich 6:56 – 21:56 nach Langsalza
Ch.: B6 (W: Noreck 10km, SO: Vintau 6km); B351 (O: Fieldwitz 4km), SEE3 (N: Weizenau), Waldstraße nach Hirsedorf