
(Pop.: 387 – 119m NN)
Vierhaus ist ein Dorf, das in der nördlichen Seeland-Ebene im Landkreis Nassfeld liegt. Auf 119 Metern über dem Meeresspiegel, mit 387 Einwohnern, wirkt es überschaubar und dennoch belebt, denn es liegt an einem Kreuzungspunkt zweier wichtiger Verkehrswege. Von Norden nach Süden zieht sich die Bundesstraße B35, die aus Kohla kommend durch den Ort führt und weiter bis nach Buthanien und zur Küste des Mare Internum reicht. Von Westen her stößt die Landstraße SEE10 hinzu, die aus Langsalza kommt und weiter nach Osten bis nach Seestadt führt. Das Dorf ist damit mehr als ein stiller Flecken auf der Ebene: Vierhaus hat seit jeher die Funktion eines Übergangs und Sammelortes.

Das Zentrum von Vierhaus ist der Platz „Vier Wege“. Hier stoßen die großen Hofeinfahrten der vier ursprünglichen Hofstellen zusammen, die dem Dorf seinen Namen gaben. Um den Platz stehen alte Walnussbäume, deren gewundene Wurzeln den Boden heben. Kinder spielen zwischen ihnen, mit Bällen, die immer wieder gegen die Stämme prallen. Auf der südlichen Seite befindet sich der Gasthof „Zum Kreuz“, betrieben von Familie Brenner, die dort neben Bier und Eintopf auch Zimmer für Fernfahrer anbietet. Der Gasthof dient seit Generationen als Rastpunkt, besonders für jene, die mit Fuhrwerken oder Lastwagen auf der B35 unterwegs sind.
Vierhaus ist ein Ort, in dem sich Landwirtschaft, Durchreise und Dorfleben überschneiden. Die vier Hofstellen sind bis heute aktiv, wenn auch modernisiert. Der Hof von Familie Martens im Norden hat sich auf Milchviehhaltung spezialisiert; an den langen Stallgebäuden stehen Kühe in offenen Laufställen, die Gülle wird über eine eigene Biogasanlage verwertet. Südlich des Platzes liegt der Hof Krüger, bekannt für seine Gemüsefelder. Dort wachsen Zwiebeln, Bohnen und Möhren, die zur Konservenfabrik nach Klamsdorf geliefert werden. Im Westen betreibt Familie Schenk eine Schweinemast, die mit Reststoffen der umliegenden Betriebe arbeitet, und im Osten liegt der Hof Drechsel, der vor allem Getreide anbaut. Seine Felder reichen weit bis an die Bahnlinie, die etwas außerhalb verläuft.

Die Geschichte des Ortes lässt sich an Spuren und Geschichten ablesen. Eine alte Flurkarte aus dem 17. Jahrhundert zeigt die vier Höfe bereits in ihrer heutigen Lage. Archäologische Funde von Keramikbruchstücken in den Feldern deuten auf eine ältere, vielleicht schon wikingerzeitliche Besiedlung hin. Der große Findling am Nordrand, genannt „Wächterstein“, trägt eingeritzte Zeichen, die in der lokalen Überlieferung als Runen gedeutet werden. Kinder erzählen sich, dass man den Stein nachts flüstern hören könne, wenn der Wind aus Osten kommt.
Das Dorf besitzt zwei kleine, aber markante Kirchen. Die ältere, die Kapelle St. Marinus, liegt am westlichen Dorfrand. Sie besteht aus Feldsteinen, hat ein niedriges Dach aus roten Ziegeln und einen kleinen Dachreiter. Im Inneren ist sie schlicht, nur eine geschnitzte Figur eines Fischers erinnert daran, dass Marinus als Schutzpatron der Fischer gilt – eine Erinnerung an Zeiten, als Handelszüge mit Fisch aus dem Mare Internum hier durchkamen. Die zweite Kirche, St. Viktoria, wurde im 19. Jahrhundert an der B35 gebaut, um den stetig wachsenden Durchgangsverkehr seelsorgerisch zu begleiten. Noch heute sind die Bankreihen dort stark genutzt, besonders an Sonntagen, wenn Fernfahrer und Familien aus dem Umland den Gottesdienst besuchen.

Neben Landwirtschaft und Kirche hat sich im Dorf ein gewisser handwerklicher Alltag erhalten. Der Schmiedebetrieb „Vierhaus Metall“ liegt an der SEE10 und fertigt Beschläge, Pflugschare und einfache Reparaturen für Fahrzeuge. Daneben gibt es die Bäckerei Hufnagel, die an der B35 ihr Ladenlokal hat und bekannt ist für Nussbrote, die aus den Walnüssen der Dorfbäume gebacken werden. Jeden Freitag werden dort die „Vierhaus-Ringe“ verkauft, ein Gebäck aus Hefeteig mit Zwiebel und Speck, das sich gut für lange Fahrten eignet.
Vierhaus ist ein sozial aktiver Ort. Am Platz „Vier Wege“ findet zweimal im Jahr das Dorf- und Straßenfest statt. Tische und Bänke werden unter den Walnussbäumen aufgestellt, die Bauern stellen ihre Maschinen aus, und die Kinder spielen Fußballturniere. Bei Einbruch der Dunkelheit entzündet man ein großes Feuer, an dem Geschichten über den „Wächterstein“ und die alten Zeiten erzählt werden. Auch Durchreisende bleiben manchmal für ein Bier oder eine Suppe stehen und werden schnell Teil der Runde.
Die Nähe zu den Verkehrsachsen macht Vierhaus zu einem Ort, an dem Geschichten aus der weiteren Welt auf das bäuerliche Leben treffen. Fernfahrer bringen Neuigkeiten aus Buthanien, Händler aus Seestadt erzählen von den Märkten am Mare Internum, und Schüler, die nach Nassfeld oder Klamsdorf fahren, bringen Neuigkeiten zurück. Vierhaus bleibt damit ein lebendiges, zugleich überschaubares Dorf, dessen Charakter durch den Verkehr ebenso geprägt ist wie durch die tiefe Verwurzelung in der Landwirtschaft.
Auch die Natur ist spürbar. Im Norden führen Gräben in weite Felder, wo Störche im Sommer auf den frisch gepflügten Ackerflächen stehen. Am östlichen Rand haben sich Pappelreihen entlang der alten Feldwege gehalten, die das Dorf wie Rahmenlinien einfassen. Im Herbst fällt das Laub auf die Kreuzung am Platz „Vier Wege“, und der Duft von Nüssen und feuchter Erde mischt sich mit dem Motorengeräusch der Lastwagen.
Vierhaus ist damit eine kleine, aber charakteristische Einheit im Landkreis Nassfeld: ein Ort, der auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, auf den zweiten aber zeigt, wie Geschichte, Alltag und Bewegung ineinandergreifen. Es ist ein Dorf der vier Höfe, aber auch ein Dorf des Übergangs, der Begegnungen und der beständigen Arbeit.
Ch.: B35 (N: Radebeul 12km, S: Dreihaus 8km), SEE10 (W: Hocheck, O: Achthaus), Feldweg nach Tsitsa