(Pop.: 328 – 105m NN)

Das Dorf Achthaus liegt westlich des Kleinen Teichs in der weiten Seeland-Ebene, im sanften Tal der Weidenitz, die hier ihren Ursprung nimmt. Der Bach entspringt 2,8km nordwestlich des Ortes an einem sumpfigen Quellhang, zieht sich durch eine Reihe kleiner Weidenbüsche und fließt dann gemächlich ostwärts, bis er in den Kleinen Teich mündet. Die Landschaft ist offen, fast eben, unterbrochen von Hecken, Gräben und vereinzelten Pappeln. Von Osten her erkennt man Achthaus schon an den dicht beieinanderliegenden Dächern der acht großen Vierseitenhöfe, die sich um den Dorfanger gruppieren. Der Name „Achthaus“ verweist auf diesen Ursprung – acht Höfe, aus denen das Dorf hervorging, und deren Anordnung sich bis heute kaum verändert hat.

Der Ort liegt 12 Kilometer westlich des Kleinen Teiches und ist über die Landstraßen SEE10 und SEE7 gut erreichbar. Die SEE10 verbindet Achthaus im Westen mit Vierhaus und im Osten mit Nordufer. Die SEE7 führt nach Norden Richtung Altbrück und südwärts nach Faultierwald. Ein schmaler Feldweg zieht nach Osten nach Altenfähr – ein unbefestigter, aber oft genutzter Wirtschaftsweg.

Der Dorfkern liegt auf 105 Metern Höhe, leicht über dem Bachlauf. Die Höfe stehen eng beieinander, die Giebel zeigen in alle Richtungen, und jeder Hof besitzt sein eigenes Tor, Brunnen, Lager und Hofbaum. Auf den Dächern liegt noch vielfach das alte, rötliche Biberschwanz-Ziegelwerk; nur wenige Gebäude sind erneuert. In der Mitte des Dorfangers befindet sich ein runder, handbetriebener Tiefbrunnen mit Eisenring. An ihm sind noch die Kerben zu sehen, die die Henkel alter Eimer im Lauf der Jahrzehnte hinterließen. Um den Brunnen stehen Bänke, und an Sommerabenden sitzen hier die Bewohner, trinken Flachsbier oder Most und erzählen Geschichten über das Wetter, den Teich oder die Schleuse in Unterstrand.

Die acht ursprünglichen Höfe haben ihre Namen seit Jahrhunderten behalten. Es sind der Hof Schulten (Nr. 1), Hof Alvermann (Nr. 4), Hof Torweg (Nr. 2), Hof Ramke (Nr. 3), Hof Noll (Nr. 5), Hof Pries (Nr. 6), Hof Dürken (Nr. 7) und Hof Jansen (Nr. 8). Die Häuser bilden ein unregelmäßiges Rechteck mit dem Dorfanger im Zentrum, der von alten Linden beschattet wird. Die ältesten Fachwerke stammen aus dem frühen 18. Jahrhundert; sie ruhen auf Findlingssockeln und tragen schwere Holzbalken. Besonders der Hof Alvermann ist gut erhalten: ein Vierseitenhof mit rotem Ziegelhaus, Stallgebäuden, einer offenen Scheune und einem kleinen Garten hinter der Mauer. Im Kachelofenzimmer verkauft Familie Alvermann ihren Käse aus Schaf-Kuh-Mischmilch, der in Weidenkörben reift. Besucher dürfen den Reiferaum betreten, wenn sie die Schuhe ausziehen – der Duft von Heu und Milch ist unverwechselbar.

Am östlichen Dorfrand liegt der Hof Schulten, ein Musterbetrieb der Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG, die gemeinsam mit Höfen in Ulmdorf und am Südrand von Zajin ein Rotationsschema aus Rüben, Roggen und Flachs betreibt. Auf dem Hof Schulten ist die Flachsverarbeitung ein besonderes Thema. Nach Anmeldung können Besucher die kleine Flachsröste sehen – eine gemauerte Grube, in der die Pflanzen nach dem Rösten zum Trocknen aufgehängt werden. Daneben steht die Saatgutkammer, ein niedriger Anbau mit Waage, Metallsieben und Holzschütten, in denen die Samen sortiert werden. Der Boden riecht nach Staub und Leinsamen, und in der Ecke steht ein eiserner Messzylinder, mit dem die Feuchtigkeit der Körner geprüft wird. Der alte Traktor aus den 1960er Jahren, auf dem noch das Logo der LPG-Zeit zu erkennen ist, wird bis heute zum Pflügen der Randflächen genutzt.

Die Felder um Achthaus sind typisch für die Seeland-Ebene: groß, offen, leicht gewellt. Rüben, Roggen und Flachs wechseln sich in weiten Mustern ab. Im Frühjahr stehen die jungen Flachspflanzen hellgrün auf den Schlägen, im Sommer färbt sich das Land in Ocker- und Gelbtöne. Zwischen den Feldern ziehen sich Wassergräben und Entwässerungslinien, die über Schleusentore mit dem Bach verbunden sind. Der Bach selbst ist nur zwei bis drei Meter breit, doch seine Bedeutung für das Dorf ist groß: er liefert Wasser für das Vieh, treibt in der Regenzeit das kleine Wasserrad der Mühle an und bildet den Mittelpunkt für die Kinder, die im Sommer dort spielen und Fische fangen.

Die Geschichte des Dorfes ist mit der Schleuse IV in Unterstrand verbunden. In deren erstem Wärterbuch, das im Stadtarchiv erhalten ist, steht ein Eintrag vom 3. Mai 1854:
„Zwei Knaben von Achthaus über das Tor gefallen, gerettet vom Gehilfen Troeber.“ Dieser kurze Satz gilt in Achthaus als Teil der Ortsgeschichte. Es heißt, die Knaben seien Söhne des Hofes Torweg gewesen, die auf einem Wagen voller Flachsballen saßen, als sie am Schleusentor den Halt verloren. Ihr Glück verdankten sie dem Schleusenwärtergehilfen Troeber, der sie herauszog. Noch heute hängt im Hof Torweg ein altes Bild der Schleuse, und am Dorfbrunnen erinnert eine kleine Metalltafel mit der Inschrift „Gerettet 1854“ an das Ereignis.

Der Alltag in Achthaus ist ruhig und rhythmisch. Die meisten Bewohner arbeiten in der Landwirtschaft oder in Unterstrand. Morgens fahren Traktoren über die SEE10, Kinder mit Fahrrädern zum Bus an der Kreuzung, und um sieben Uhr öffnet das kleine Dorfkontor, ein Anbau an Hof Dürken, wo es Brot, Saatgut, Schrauben und Postkarten gibt. Im Winter wird der Kontor zum Treffpunkt, wenn draußen Schnee liegt und die Weidenitz still ist. Dann kommt auch der Dorfschmied, um Geschichten aus Faultierwald zu erzählen, oder jemand bringt Neuigkeiten von der Agrarverbundzentrale.

Einmal im Jahr, im Juni, feiert Achthaus das Flachsfest. Es begann als Erntedank für den Flachs, hat sich aber zu einem Sommerfest entwickelt. Der Dorfanger wird mit Leinenbahnen geschmückt, auf den Tischen liegen Strähnen von blauer Flachsblüte, und der Käsehof Alvermann verkauft seine neuen Laibe. Am Nachmittag zeigen Kinder das „Reisen des Flachses“, ein kleines Theaterstück über das Rösten, Brechen und Spinnen. Abends erklingt Musik aus Unterstrand, und die Menschen tanzen auf der Wiese, während im Hintergrund der Bach gluckert.

Bauten und Details prägen das Ortsbild. Die alte Schmiede am Nordende ist längst stillgelegt, doch der Blasebalg steht noch. Die kleine Kapelle am westlichen Ortsrand, ein Backsteinbau mit Dachreiter, stammt von 1898 und ist der heiligen Walburga geweiht. Sie diente früher als Station für Prozessionen nach Unterstrand, heute findet dort im Frühjahr ein einziger Gottesdienst statt. Auf dem kleinen Kirchhof ruhen die Familien der alten Höfe – ihre Namen sind dieselben, die man auf den Briefkästen liest.

Im Sommer duftet das Dorf nach Heu, Leinen und Holzrauch. Die Luft ist weich, und abends ziehen Schwärme von Schwalben über die Dächer. Im Herbst bedecken Nebel die Felder, und im Winter gefriert die Weidenitz, sodass man von einem Ufer zum anderen gehen kann. Dann steht das Wasser still unter einer Eisschicht, und die Häuser wirken wie eingewickelt in Dampf.

Technisch hat Achthaus in den letzten Jahren vorsichtig modernisiert. Die Stromleitungen wurden 2019 unterirdisch verlegt, das Dorf bekam eine neue Trafostation. Die Straßenbeleuchtung besteht aus einfachen Masten mit Leuchten, die sich nach 22 Uhr automatisch dimmen. Dennoch ist das Bild unverändert geblieben: der Brunnen, die Höfe, die Feldwege, die Rufe der Tiere und das Geräusch der Wasserpumpe – all das ist so alltäglich, dass es fast museal wirkt.

Für Besucher empfiehlt sich ein Spaziergang durch das Dorf und entlang der Weidenitz. Vom Hof Schulten aus führt ein Fußweg am Bach entlang, vorbei an einer alten Weidenreihe, bis zu einer kleinen Holzbrücke, die den Blick über das Tal freigibt. Dort sieht man, wie Achthaus in der Landschaft liegt – kompakt, ruhig, mit den acht Dächern im Rechteck. An klaren Tagen spiegelt sich das Rot der Ziegel im Wasser, und man hört das ferne Brummen der Traktoren von der SEE10.

Wer länger bleiben möchte, findet auf dem Hof Pries eine einfache Übernachtungsmöglichkeit. Zwei Zimmer im Dachgeschoss des Wohnhauses sind als Ferienquartier hergerichtet – schlicht, mit Blick auf die Felder. Gäste können am Frühstückstisch der Familie sitzen, Brot und Käse aus dem Ort probieren und Geschichten hören, die hier jede Familie kennt: von den Knaben an der Schleuse, von Fluten, von guten und schlechten Jahren.

Ch.: SEE10 (W: Vierhaus, O: Nordufer und zur B36 nach Unterstrand), SEE7 (N: Altbrück, S: Faultierwald), Feldweg nach Altenfähr