Das Ausflugsschiff „Bries“ gehört seit über neun Jahrzehnten zum festen Bild der Küstenlinie des Mare Internum im Südwesten Bierlands. Mit seiner markanten flachen Silhouette, den weiß-blauen Schürzblechen und dem langgezogenen Pfeifton beim An- und Ablegen ist es für viele Bewohner und Gäste der Region weit mehr als nur ein Verkehrsmittel – es ist eine schwimmende Institution. Die Bries verkehrt täglich auf der rund 50 Kilometer langen Strecke zwischen Straßenstrand im Westen und dem Bierona Strand im Süden der Hauptstadt, und sie verbindet dabei die Küstenorte Schandau und Stadtbad zu einer maritimen Linie, die sowohl touristisch als auch regionalgeschichtlich von Bedeutung ist.

Gebaut wurde die Bries im Jahr 1931 auf der Werft Göbel & Söhne in Kreuzberg. Sie wurde als sogenannter Flachrumpfschoner mit seitlichem Seitenruder konstruiert, um die sandigen Untiefen der südwestlichen Mare-Internum-Küste sicher befahren zu können. Die Jungfernfahrt fand im Juli 1932 statt – damals fuhr die Bries noch dampfbetrieben, mit schwarz lackiertem Schornstein und hölzernen Bänken auf dem offenen Oberdeck. Im Jahr 1964 wurde sie auf Dieselantrieb umgestellt, seither wird sie von einem zuverlässigen 240-PS-Motor angetrieben, der von Mitarbeitern des Maschinenhofes Scheck in Mähnendorf regelmäßig gewartet wird.

Die Strecke, die die Bries heute täglich bedient, umfasst vier Haltepunkte:

  1. Straßenstrand Steg – Startpunkt der morgendlichen Fahrt, meist gegen 8:15 Uhr. Das Anlegen erfolgt direkt am hölzernen Brückenkopf am Ende der Straße „Zur Woge“. Hier steigen oft Kurgäste, Wandergruppen und Familien mit Kind und Picknickkorb zu.
  2. Schandau Anleger – etwa 12 Kilometer östlich. Der Ort liegt etwas zurückversetzt hinter einer geschützten Bucht. In Schandau steigen gerne Einheimische zu, die ihre Waren nach Bierona bringen oder einen Tagesausflug zum Markt machen.
  3. Stadtbad – etwa 14 Kilometer weiter. Hier liegt der Anleger direkt neben dem Küstencafé „Perlage“, und in den Sommermonaten ist das kleine Deck des Schiffs oft bevölkert von Badegästen in Badelatschen und mit Strandtaschen.
  4. Bierona Strand – Endpunkt der Strecke. Die Ankunft erfolgt gegen 11:30 Uhr. Der Anleger liegt an der südlichen Promenade von Bierona, unweit des Sommerhauses der Familie Predermann. Von hier aus gelangt man bequem zum Strand.

Die Rückfahrt beginnt jeweils gegen 15:00 Uhr in Bierona Strand und erreicht Straßenstrand gegen 18:20 Uhr – abhängig von Wind und Wasserstand. Die Fahrtzeit ist ruhig, der Wellengang meist gering, und das Schiff hält sich nah an der Küstenlinie, sodass Fahrgäste weite Blicke auf das Landesinnere, auf Dünen, Felder, Hofbrauereien und Küstenwälder genießen können. Der Kapitän steuert von einer halb offenen Kabine aus, begleitet von einem Funkgerät, einem alten Messingkompass und einem geschnitzten Holzbarometer, das in Form eines Hopfendoldenkranzes gefertigt ist.

Das Innere des Schiffs ist einfach, aber gepflegt: Zwei Kabinen mit Holzverkleidung, Klapptischen und eingelassenen Fensterrahmen, auf denen kleine Vasen mit Küstenblumen stehen – meist Schafgarbe oder Kornröschen. Auf dem Sonnendeck gibt es Sitzbänke mit Rückenlehnen aus Kiefernholz. Getränke und kleine Speisen werden in der sogenannten „Bugklause“ verkauft: Es gibt belegte Gerstenbrötchen, Hopfenlimonade, ein leichtes Weizenbier der Küstenquell-Brauerei – das „Brieshell“ – sowie Apfelringe und Sonnenblumenkekse. Die Kombüse ist klein, aber funktional; sie wird von Mathilde Zorngiebel geführt, die seit über 15 Jahren an Bord arbeitet und die Gäste mit einem trockenen „Heute sind wir nur mit Seitenwind“ begrüßt.

Die Bries ist bekannt für ihre ruhige Fahrtkultur. Musik gibt es nur gelegentlich – meist an Feiertagen oder bei Sonderfahrten wie dem „Sonnenwendlauf“ im Juni. Dann tritt manchmal eine kleine Kapelle auf dem Deck auf, und es wird Bier aus Steinkrügen gereicht. Auch Themenschifffahrten gehören zum Jahresplan: So gibt es im September eine Hopfenfahrt, bei der Braumeister aus Mähnendorf und Tolken Proben ihrer Herbstsude ausschenken und auf Deck über Brautemperaturen und Malzarten fachsimpeln. Im Dezember fährt die Bries nicht – zu flach, zu wechselhaft das Wetter.

Ein Highlight für viele ist das Logbuch der Bries, das offen im Kabinengang ausliegt. Jeder Fahrgast darf sich mit einem Eintrag, einer Skizze oder einem Spruch eintragen. Manche Einträge stammen noch aus den 1970er Jahren; dazwischen finden sich Zeichnungen von Kindern, Gedichte über das Meer oder auch Heiratsanträge. In der Kabine hängt ein eingerahmter Zettel aus dem Jahr 1945: „Heute drei Hopfensäcke und eine Ziege verladen. Reise wie üblich.“

Die Bries fährt nicht schnell – ihre Reisegeschwindigkeit beträgt rund 14 km/h – aber genau das macht ihren Reiz aus. Die ruhige Bewegung des Schiffs, das leise Rattern des Motors, das Kreischen der Möwen und das weite Licht über dem Wasser schaffen eine Atmosphäre, in der sich selbst Vielgereiste entschleunigen. Die Überfahrt wird selten als bloßes Mittel zum Zweck gesehen; sie ist für viele der Höhepunkt des Tages.

Im Sommer sitzen Jugendliche auf dem Oberdeck mit Musikinstrumenten, lesen Gäste in mitgebrachten Taschenbüchern oder lassen sich einfach von der Küstenbrise tragen. Einige nutzen die Bries sogar als Pendlerlinie – etwa Handwerker aus Stadtbad oder Mitarbeiterinnen des Sanatoriums „Uferblick“, die in Bierona wohnen. Für sie gibt es eine Monatskarte, die mit einem kleinen Metallklipp an der Jacke getragen wird.

Seit 2020 ist die Bries offiziell als kulturelles Verkehrsgut des Landkreises Mähnendorf eingestuft. Der Verein „Briesfreunde“ hat sich zur Aufgabe gemacht, Technik, Geschichte und Betrieb des Schiffs langfristig zu sichern. Zu den Plänen gehört die Restaurierung der alten Dampfpfeife und ein Jubiläumsbuch mit Erinnerungen von Kapitänen, Fahrgästen und Bewohnern der Küstenorte.

So ist die Bries nicht nur ein Schiff, sondern eine kleine, schaukelnde Welt auf dem Mare Internum – ein Ort für Durchfahrt, Begegnung, Erinnerung. Wer einmal bei Sonnenaufgang von Straßenstrand ablegt, vorbei an den Dünen, dem Glockenturm von St. Pelagius und dem sich langsam aufhellenden Küstenwald, versteht, warum das Schiff seit fast 100 Jahren täglich von Menschen erwartet wird. Nicht weil es schnell ist – sondern weil es genau im richtigen Tempo fährt.