Die Brauerei Talstein in Pechtal gilt als eines der ambitioniertesten Kleinunternehmen im Landkreis Mähnendorf. Gegründet wurde sie im Jahr 1989 von Gerd und Hanne Talstein in einer ehemaligen Scheune am oberen Rand des Dorfs, dort, wo die Hangwiesen in das erste Bachtal übergehen. Der Entschluss, eine eigene Brauerei zu gründen, fiel während eines Besuchs des Sommermalzfestes, als beide feststellten, dass in Pechtal zwar viel über Bier gesprochen, aber wenig Besonderes gebraut wurde. Die Geschwister Talstein begannen mit kleinen Gärbottichen, experimentierten mit Roggen, dunklem Malz und dem Wasser des Pechtalbaches, das sie zuvor durch eine eigene Filterrinne aus Tuffstein leiteten.

Das heutige Hauptprodukt der Brauerei, das „Pechtaler Rauchroggen“, ist ein dunkles, leicht herbes Bier mit rauchiger Note, das in dickwandige, braunglasierte Tonflaschen abgefüllt wird. Diese Flaschen sind mit einem Wachssiegel und einer geprägten Tonscheibe verschlossen – ein Hinweis auf die lange Lagerfähigkeit, für die das Bier auch überregional bekannt ist. Besonders in den Küstenorten wie Schandau und Stadtbad wird es in den Herbstmonaten auf den Speisekarten geführt, da es sich gut mit geräuchertem Fisch und Sauergemüse kombinieren lässt.

In der Brauerei wird traditionell gearbeitet. Die Maische wird in einem offenen Kupferkessel erhitzt, der auf einem mit Holz befeuerten Ofen sitzt. Die Rührarbeit übernimmt bis heute ein alter Langarmrührer, dessen Riemenantrieb von einem umgebauten Traktor stammt. Besucher, die in der Brauerei eine Führung machen, werden meist von Gerd Talstein selbst durch die Räume geführt. Dabei berichtet er mit trockenem Humor vom „täglichen Ringen mit der richtigen Temperatur“ und zeigt stolz die kleinen Eichenholzfässer, in denen ausgewählte Chargen für das sogenannte „Kellerholz“ lagern – eine seltene, fast sirupartige Spezialität mit 9,3 Volumenprozent.

Die Brauerei Talstein ist nicht auf Massenabsatz angewiesen. Ihre Flaschen gehen an ausgewählte Verkaufsstellen – den Hofladen Kräuterhof Haldenwies, den Marktwagen der Familie Dreefs in Mähnendorf, und einen kleinen Stand auf dem Sommermalzfest. Ein großer Teil der Produktion verbleibt jedoch im Ort. Zum einen, weil die Pechtaler selbst ihr Roggenbier schätzen, zum anderen, weil viele Gäste des Festes und der Dorfscheune gezielt wegen dieses Bieres kommen.

Der Innenhof der Brauerei ist schlicht, mit einem Brunnen, zwei alten Hopfenstangen und einer schmalen Holzbank entlang der Wand. Hier sitzen im Sommer häufig Handwerker aus dem Dorf – der Schmied, die Tischlerin, gelegentlich auch die Glasmalerin Edda Kloß, die der Brauerei mehrere Etikettenmotive gestaltete. Auf einem dieser Etiketten ist eine stilisierte Flammenkrone über einem Roggenfeld zu sehen, darunter der Schriftzug: „Geröstet, nicht verbrannt.“

Auch für ihre Beteiligung an regionalen Brauinitiativen ist die Brauerei bekannt. So arbeitet sie eng mit dem Gymnasium Mähnendorf zusammen, das in seiner Schulbrauerei den „Gymnasator“ braut. Der hölzerne Gärbottich dafür stammt aus der Tischlerei Flender in Pechtal, wurde aber mit dem Know-how von Hanne Talstein kalibriert. Bei einem Schüleraustausch zwischen Mähnendorf und dem benachbarten Landkreis Ruppin hielt Hanne Talstein einmal einen Vortrag über die Verbindung von Braukunst und Handwerk – seither hängt im Chemieraum des Gymnasiums ein altes Emaille-Schild mit der Aufschrift „Gärung duldet keinen Lärm“.

Die Brauerei ist eng in das Dorfleben eingebunden. Zum Sommermalzfest wird der Hof geöffnet, und Hanne Talstein kocht dazu „Roggentöpfe“ – eine kräftige Suppe mit Schwarzbrotkruste, Speck und Kräutern. Im Winter, wenn die Produktion zurückgeht, widmen sich die Talsteins dem Experimentieren. Einmal entstand so das „Grüne Bier“, das mit einem Auszug aus Hopfenblättern und jungen Brennnesseln gebraut wurde – geschmacklich umstritten, aber von vielen Gästen des Straßenstrander Nachtclubs „Woge“ begeistert aufgenommen.

In der ehemaligen Werkstatt neben der Brauerei ist heute ein kleiner Verkaufsraum mit Probiertheke eingerichtet. Hier kann man das Rauchroggen im Tonkrug verkosten, dazu gibt es dunkle Salzbrezeln, eingelegte Hopfentriebe und Geschichten aus der Familienchronik, die an den Wänden als handgeschriebene Plakate hängen. Darin ist auch vermerkt, dass ein Urgroßvater Talstein 1911 wegen unerlaubter Nachtgärung verwarnt wurde – was im Dorf eher zur Legendenbildung beitrug als zum Schweigen.

Die Brauerei Talstein steht damit exemplarisch für die handwerklich verwurzelte Braukultur des Landkreises Mähnendorf. Ihr Roggenbier ist keine Massenware, sondern ein Getränk mit Ort, Geschichte und Temperatur. Wer Pechtal besucht, wird an dem schweren, rauchig-süßen Duft, der in den Gassen hängt, erkennen, dass hier nicht nur Getreide angebaut, sondern auch fermentiert gedacht wird.