Kapelle St. Schanklin in Wippenow

Kapelle St. Schanklin in Wippenow

Im Zentrum des kleinen Dorfes Wippenow steht, von alten Linden und einem niedrigen Steinmäuerchen umgeben, die Kapelle St. Schanklin – ein schlichtes, verwittertes Fachwerkgebäude, das trotz seiner bescheidenen Größe eine eigentümliche Ausstrahlung besitzt. Der Bau stammt vermutlich aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und war einst eine Pilgerstation auf dem alten Pfad zwischen dem Buthanischen Landrücken und Bierona. Der Namensgeber, der heilige Schanklin, gilt als Schutzpatron der Wandernden mit Last, vor allem jener, die Bier oder Brot über weite Strecken trugen. Eine Legende erzählt, Schanklin habe einst ein Fass über hundert Meilen geschleppt, um es einem durstigen Klosterbruder zu bringen, der daraufhin das erste Braugebet des Bierlands verfasst habe.

Die Kapelle selbst misst kaum acht Meter in der Länge und bietet Platz für rund zwölf Personen. Das Dach ist mit unregelmäßigen Holzschindeln gedeckt, der Glockenstuhl aus Eichenholz trägt eine kleine Bronzeglocke, die eher ein helles, kurzes „Klingen“ von sich gibt als ein volles Geläut. Der Innenraum ist spartanisch, mit einfachen Holzbänken, einer geschnitzten Wandnische für das Altarfässchen und einem schmalen Bleiglasfenster, das – wenn die Sonne von Westen scheint – einen warmen Bernsteinfleck auf den Boden wirft. An der rechten Wand ist ein verwittertes Fresko zu sehen, das den heiligen Schanklin mit einem Fass auf dem Rücken zeigt, barfuß, mit einem Stock und einem Krug in der Hand. Darunter steht in verblasster Tinte: „Wo Schanklin geht, folgt der Trunk“.

Früher machten hier Pilger Halt, die zu Fuß auf dem Weg nach Bierona waren oder auf den Märkten des Bierlands Handel trieben. Einige Hinterlassenschaften aus dieser Zeit sind noch erhalten: eingeritzte Initialen in der Holzbank, ein eiserner Krughalter an der Tür, eine in den Balken eingekerbte Markierung für das Frühjahrsäquinoktium – vielleicht ein Hinweis auf die Bedeutung der Jahreszeiten für die Reisesicherheit und das Brauwesen.

Heute wird die Kapelle nur noch gelegentlich genutzt. Zu besonderen Anlässen wie dem Schanklinsfest im Oktober – einer stillen Andacht mit Biersegen – oder während der Sommersonnenwende, wenn in Wippenow die Flügel der Mühle erstmals wieder anlaufen, wird sie geöffnet. Dann versammeln sich die Dorfbewohner, zünden Kerzen an, lesen aus alten Biergebeten und singen das „Lied vom leichten Tragen“, das jedes Kind in Wippenow kennt. Die letzte Strophe endet stets mit den Worten: „Ein Krug in Ehren kann niemand verwehren, doch wer ihn trägt, trägt auch Geduld.“

Einmal im Jahr findet eine „Lesung bei Kerzenschein“ statt, bei der Geschichten über Bier, Wanderung und Dorfzusammenhalt vorgelesen werden – darunter die beliebte „Legende vom Brauer mit der leeren Stirn“, eine moralische Fabel über Eile, Maßlosigkeit und das rechte Maß des Brauens. Besucher werden dann gebeten, ihre Schuhe auszuziehen und auf Strohsäcken Platz zu nehmen. Der Duft nach Holz, alter Erde und Hopfen durchzieht dann den kleinen Raum.

Die Kapelle ist zwar keine touristische Attraktion im üblichen Sinn – es gibt weder Führungen noch Eintrittskarten –, aber wer sie findet, meist über einen schmalen Pfad vom Mühlenensemble aus, erfährt einen Ort, der mehr ist als ein Baudenkmal: ein stilles Zeugnis der Verbindung von Glaube, Alltag und Braukultur im ländlichen Bierland.