(Pop.: 3.471 – 21m NN)

Langhaus, mit seinen 3.471 Einwohnern eines der größeren Dörfer im Landkreis Ruppin, liegt rund zehn Kilometer nordwestlich von Bierona, eingebettet in die flache, weite Zentoebene. Der Ort erstreckt sich linear entlang der Landstraße BL3, die hier die B42 kreuzt und durch Felder, Baumreihen und vereinzelte Gehöfte führt, bevor sie sich nach der Kreuzung am südlichen Ortseingang in die „Hauptlinie“ von Langhaus verwandelt – eine breite Dorfstraße, gesäumt von einer Mischung aus alten Fachwerkhöfen, mehrgeschossigen Brauereibauten und neueren Wohnhäusern. Die lineare Struktur verleiht dem Dorf eine überraschende Länge, die sich bei Spaziergängen bemerkbar macht, wenn man vom südlichen Ortseingang bis zum nördlichen Wanderpunkt beinahe eine halbe Stunde unterwegs ist.

Langhaus war schon früh ein Zentrum der Brau- und Malzwirtschaft im südlichen Bierland. Noch heute ist das Dorf bekannt für seine aktiven Werkstätten, zwei Schulen, ein belebtes Freibad und insbesondere für seine industrielle Brauerei „Langhäuser Sud“. Diese befindet sich östlich des Dorfzentrums auf einem eigenen Gelände mit sieben silbrig glänzenden Gärtanks, einer doppelstöckigen Sudhalle aus rotem Ziegel und einem auffälligen Dampfabzug, der noch immer bei Sudbeginn eine feine weiße Wolke über die Ebene entlässt. Produziert werden hier mehrere Sorten Bier, von traditionellen Lagerbieren bis zum leichten Sommertrunk – allen voran das „Schnellzünglein“, ein mildes Helles mit leichtem Zitrusduft, das in Bierona, Zentodorf und bis hinauf nach Klodorf weit verbreitet ist.

Die Brauerei ist eng mit der ortsansässigen Mälzerei verbunden, die sich auf einem Nachbargelände befindet und neben „Langhäuser Sud“ auch andere Betriebe wie die „Ruppiner Flut“ beliefert. Das Verhältnis zwischen Brauerei und Mälzerei gilt als symbiotisch – der kurze Weg zwischen Schroten und Sudpfanne erlaubt besonders frische Verarbeitung, was viele Bierfreunde dem „Schnellzünglein“ anmerken wollen. Besucher können in der „Blickstube“ – einem erhöhten Raum mit Fenstern zur Sudhalle – bei Führungen zusehen, wie der Braumeister vom Kessel zum Kühlschiff geht. Im Eingangsbereich befindet sich ein kleiner Shop mit regionalen Spezialitäten, darunter Malzbrot, Hopfensenf und ein saisonaler Bierbrand.

Langhaus ist jedoch nicht nur industriell geprägt. Das Dorf verfügt über zwei Schulen – eine Grundschule mit weitem Pausenhof unter alten Kastanien, sowie eine kleine Oberschule, deren Unterrichtsräume teilweise in renovierten Nebengebäuden der ehemaligen „Schulbrauerei“ untergebracht sind. Letztere existiert nicht mehr, doch der Begriff ist geblieben. Besonders aktiv ist die Theatergruppe der Schule, die alljährlich im Rahmen des „Sommernachtsgelages“ ein Stück zur Braugeschichte des Ortes aufführt – zuletzt „Falderichs Fluch“, ein Lustspiel über Rezeptdiebstahl und Liebesmissverständnisse zur Hopfenernte.

Das Sommernachtsgelage, das jeweils Ende Juli auf der Festwiese beim alten Feuerwehrhaus stattfindet, ist der kulturelle Höhepunkt des Jahres. Die Veranstaltung beginnt mit einem Zug der örtlichen Vereine, gefolgt von einem Bieranstich der aktuellen Sudsorte und endet in einem offenen Dorftanz unter beleuchteten Hopfenbögen. Die „Langhäuser Krugkapelle“, eine Bläsergruppe aus pensionierten Brauern, sorgt für musikalische Begleitung, während Garküchen Gersteneintopf, Treberfladen und Bierwürste servieren. Viele Familien aus dem Umland kommen eigens zu diesem Anlass angereist – nicht nur wegen der Biervielfalt, sondern auch wegen der Geschichten, die auf der Bühne lebendig werden.

Unübersehbar im Dorfzentrum steht die barocke Kirche St. Kolman mit ihrer windschiefen Kupferhaube. Der Turm verdrehte sich bei einem Sturm im Jahr 1745, wie die Dorfchronik berichtet, und wurde nie wieder gerichtet. Der Legende nach soll der örtliche Küster die Gelegenheit genutzt haben, das Turmkreuz in Richtung seiner heimlichen Liebe in Oberodewitz zu drehen – ein Detail, das seither Generationen von Konfirmanden zur Heiterkeit bringt. Im Inneren der Kirche befinden sich kunstvoll gearbeitete Holzarbeiten aus der Werkstatt Lorm, dem bekannten Tischler aus Langhaus, darunter eine fein verzierte Kanzel und ein Opferstock in Form eines stilisierten Malzfasses.

Langhaus ist auch Startpunkt des „Bierwegs West“, eines ausgeschilderten Wanderpfads, der sich von hier aus über Oberodewitz, Wippenow und Wansow bis nach Wasdow erstreckt. Der Weg führt vorbei an alten Braustätten, Mälzereiruinen und historischen Schenken. Viele Wanderer nehmen dabei eine sogenannte Humpenkarte mit – ein Faltheft mit acht Stempelfeldern. Wer alle Stationen erfolgreich besucht und abstempeln lässt, erhält im Gasthaus „Zum Trank“ in Langhaus ein Jahr lang den ersten Krug gratis. Dieses Gasthaus befindet sich in einem alten Seitenflügel des früheren Kruggerichts und bietet neben traditionellen Speisen wie Malzschmarren und Bierbuttersuppe auch die Spezialität des Hauses: das „Trank-Halbdunkel“, ein feinmalziges Bier mit weichem Abgang.

5 Kilometer nordwestlich des Ortes, am Rand des Odwalds, befindet sich das „Kesselgrab von Langhaus“ – ein bronzezeitlicher Grabhügel, der in den 1890er-Jahren freigelegt wurde. Im Zentrum des Hügels wurde ein massiv gegossener Sudkessel gefunden, verziert mit Tiergriffen und Rillenmustern. Der Kessel ist heute im Heimatmuseum Ruppin ausgestellt, das in einer Dauerschau den Zusammenhang zwischen frühen Brauritualen und Grabformen beleuchtet. Am Fundort selbst wurde eine hölzerne Plattform errichtet, von der aus man den Grabhügel sowie einen Rekonstruktionsstein mit Inschrift betrachten kann.

Auch das hopfenkundliche Erbe von Langhaus ist beachtlich. Im „Hopfenkundlichen Archiv des Südens“, das sich zwar im benachbarten Zentodorf befindet, aber eng mit der Geschichte von Langhaus verknüpft ist, kann eine handgezeichnete Sortenkarte von Falderich von Langhaus besichtigt werden – einem legendären Braumeister, der um 1813 verschiedene Hopfensorten katalogisierte und ihre „Gehbarkeit“ in Biersuden vermaß. Die Karte zeigt detaillierte Zeichnungen von Blüten, Notizen zu Aromaprofilen und Anmerkungen zur Lagerfähigkeit – ein frühes Zeugnis wissenschaftlich-bierlicher Arbeit im Bierland.

Langhaus besitzt darüber hinaus ein lebendiges Vereinsleben. Der „Malz & Mörtel e.V.“ etwa kümmert sich um den Erhalt alter Brauereigebäude, während der Jugendclub „Schnellzünglein“ sich mit Bierkultur, aber auch Theater, Musik und Nachhaltigkeit beschäftigt. Auch die Feuerwehr ist aktiv – nicht nur im Einsatz, sondern auch beim Sommernachtsgelage, beim Krugschleppen und beim jährlich ausgerichteten „Sud & Spaß“-Tag, bei dem Kinder mit Wasserpumpen Sudsimulationen betreiben und die Erwachsenen in alten Braukesseln grillen.

Langhaus ist ein Ort, der den Spagat zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Industriebier und lebendiger Dorfkultur meistert. Die lange Dorfstraße erzählt viele Geschichten – von Falderichs Rezeptbüchern über Schüleraufführungen bis hin zur schiefen Turmspitze. Wer hier ankommt, kann sich leicht verlaufen – nicht in den Wegen, sondern in den Erzählungen, den Düften und der anhaltenden Präsenz des Biers.

Bahn: BZF106 stündlich 6:29 – 21:29 nach Bierona, 6:22 – 21:22 nach Südeck

Ch.: B42 (SO: Bierona 9km, NW: Wansow 20km); BL3 (S: Tolken, O: Zentodorf); Feldwege nach Wasdow und Oberodewitz