(Pop.: 652 – 54m NN)

Greno ist ein 652 Einwohner zählendes Dorf im Osten des Landkreises Ruppin im Bierland. Es liegt auf 54 Metern über dem Meeresspiegel, eingebettet in die flache Weite der Zentoebene, etwa 13 Kilometer östlich von Zentodorf. Das Dorf wird nach Osten hin vom Grenwald begrenzt – einem kleinen, aber dichten Waldstück mit Eschen, Birken und dunklem Boden. Obwohl Greno geographisch abgelegen wirkt, spielte es historisch eine nicht unerhebliche Rolle in der regionalen Brautradition, insbesondere durch seine Nähe zu besonderen Gerstensorten, die am Rande des Odwalds kultiviert wurden.

Greno ist ein typisches Straßendorf mit zwei Quergassen, einem ehemaligen Dorfanger und einer zentralen Kreuzung, an der das Gemeindehaus, die Kirche und das Gasthaus „Zum Becher“ liegen. Die Grenobrücke über den kleinen Grenbach am südlichen Rand ist nicht nur die Verbindung zu den Feldern, sondern auch Teil alter Versorgungswege. In ihrer Nähe steht ein niedriger gemauerter Brunnenturm mit Kupferdach, der laut Überlieferung einst das Brauwasser der Dorfbrauerei lieferte.

Das wichtigste wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Grenos ist die Brauerei „Grenobräu“, die sich in einer ehemaligen Trockenscheune am Nordrand des Dorfes befindet. Sie wurde 1898 durch die Familie Kleinfux gegründet, deren Nachkommen sie bis heute in dritter Generation betreiben. Die Spezialität der Grenobräu ist das „Greno Bernstein“, ein obergäriges Bier mit rötlich schimmernder Farbe und ausgewogenem, leicht rauchigem Malzkörper. Der Name verweist auf das Farbspektrum, das beim Einschenken zwischen dunklem Kupfer und leuchtendem Honig changiert. Der markante Geschmack entsteht durch die Verwendung von Röstgerste aus den sonnenarmen Waldrändern des nahen Odwalds sowie durch eine langsamere Gärung. Gebraut wird in zwei offen geführten Kupferkesseln über Holzfeuer, gekühlt mit Quellwasser aus dem Grenbach. Das Bier wird nicht filtriert und ausschließlich in sogenannten „Greno-Krügen“ ausgeschenkt – dickwandige Tonbecher mit Daumenmulde, die in einer kleinen Werkstatt im Grenwald gefertigt werden. Diese Becher sind so eng mit dem Bier verbunden, dass man in Bierona von einem „Krug Greno“ spricht, wenn man ein Bernstein bestellen möchte. Die Grenobräu betreibt keinen Vertrieb – wer das Bier trinken will, muss entweder nach Greno kommen oder auf dem Marktplatz von Zentodorf am ersten Samstag im Monat den Stand der Familie Kleinfux aufsuchen.

Zentrum des geistigen Lebens in Greno ist die „Kirche Zur Güte Gottes“. Der schlichte Rechteckbau mit Rundbogenfenstern und Ziegeldach stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und wurde mehrfach umgebaut. Besonders bemerkenswert ist die bemalte Holzbalkendecke im Kirchenschiff, auf der Szenen des Brauhandwerks dargestellt sind – vermutlich als Verbindung zwischen göttlicher Gnade und menschlichem Schaffen. Man sieht unter anderem das Einmaischen, das Anheizen des Sudkessels und das Segnen des fertigen Biers durch einen feingekleideten Geistlichen. Die Darstellungen sind stark stilisiert, aber farbenfroh, und gelten als einzigartiges Beispiel volkstümlich-religiöser Braukunst in der Region. Die Orgel der Kirche wurde in den 1960er-Jahren nach Oberodewitz gebracht und spielt dort heute in der Kirche St. Branda. Der Umbau wurde damals von beiden Gemeinden gemeinsam gefeiert – ein seltener Moment der Zusammenarbeit zwischen den östlichen und westlichen Dörfern des Landkreises, die sonst eher unabhängig voneinander operieren. In Greno erinnert ein kleiner Holzbalken über der ehemaligen Orgelempore mit der Gravur „Der Klang ist weitergezogen“ an diesen Austausch.

Obwohl Greno nicht am Bierweg West liegt, machen viele Wanderer einen Abstecher hierher – meist wegen des Bieres, aber auch wegen der stillen Atmosphäre und der kunstvollen Decke der Dorfkirche. Im Sommer findet hier das sogenannte „Bernsteinwochenende“ statt – eine zweitägige Veranstaltung mit Bierverkostung, musikalischer Andacht unter der Balkendecke und einem kleinen Hopfentanz auf dem Platz vor dem Gasthaus „Zum Becher“.

Der Grenwald selbst ist klein, aber reich an Mythen. Kinder erzählen sich Geschichten von leuchtenden Braukesseln, die dort nachts zwischen den Bäumen schweben sollen, und von einem vergessenen Fass, das nie geleert werden kann. Tatsächlich finden sich im Grenwald vereinzelte Mauerreste eines alten Eiskellers, in dem früher Brauereien ihre Sudfässer lagerten. Heute dient der Keller als Lagerraum der Töpferei für die Greno-Krüge. Auch die Dorfgemeinschaft pflegt einen engen Zusammenhalt. Die Brauerei, die Töpferei, die Kirche, das Gasthaus und der kleine Kindergarten kooperieren regelmäßig bei Dorffesten, beim Samentausch im Frühjahr oder bei den Adventssud-Abenden, bei denen am 3. Advent gemeinsam Bier gebraut und Psalmen gesungen werden. Der Klang der fehlenden Orgel wird dabei durch drei verschieden gestimmte Gärkessel ersetzt, auf die mit Holzlöffeln geschlagen wird – eine Praxis, die sowohl musikalisch als auch theologisch ihre ganz eigene Tiefe besitzt.

Greno ist kein Dorf, das sich aufdrängt – aber eines, das sich tief einprägt. Wer hier sitzt, unter der Braubalkendecke ein Bernstein trinkt und dem Wind in den Kronen des Grenwalds lauscht, der versteht etwas vom leisen, erdnahen Leben im östlichen Bierland.

Ch.: BL3 (W: Zentodorf), BL15 (N: Klodorf, S: Kleintolkau), Feldweg nach Siebenstein