
(Pop.: 524 – 2m NN)
Das Dorf Nonto, mit seinen 524 Einwohnern, liegt im südlichen Teil des Landkreises Kreuzberg, eingebettet in den dichten Bieronaer Küstenwald. Nur zwei Meter über dem Meeresspiegel gelegen, reicht der Einfluss des nahen Mare Internum bis in die Gärten und Höfe – in Form von salzhaltiger Luft, sandigem Boden und dem ständigen Rauschen der Brandung, das durch die Bäume schimmert. Der perfekte Strand kann nur in Ortsnähe betreten werden. Westlich und Östlich des Dorfes ist der Strand fast vollständig als Vogelschutzgebiet ausgewiesen und darf nicht betreten werden. Wer nach Westen nach Strandwieck oder nach Osten nach Strandmule möchte, muss den geschwungenen Waldweg nehmen, der sich im Schatten knorriger Kiefern durch das geschützte Gelände zieht.

Das Zentrum von Nonto bildet ein kleiner, unregelmäßig gepflasterter Platz mit Bahnhof, Dorfbrunnen, einem offenen Unterstand für Marktstände und dem einzigen Laden des Ortes, „Tausch & Trunk“, in dem Lebensmittel, Schrauben, Werkzeug, Gummistiefel, lokale Biersorten und Fischdosen gleichermaßen erhältlich sind. Nebenan befindet sich das Gemeindehaus – ein langgezogener Holzbau mit Veranstaltungsraum, Werkraum und angeschlossener kleiner Bibliothek. Hier finden regelmäßig Zusammenkünfte der örtlichen Strickrunde, der Kompostgruppe und der Waldschutzjugend statt.

Besonders ins Auge fällt das Feuerwehrhaus aus rotem Kalkstein, das von einer Werkgruppe in den 1930er Jahren errichtet wurde. Es besitzt einen ausgedienten Schlauchturm, der heute nicht mehr zur Feuerwehrtechnik, sondern als inoffizielles Klettergerüst für Jugendliche dient. An warmen Abenden sitzen sie auf halber Höhe, mit den Füßen baumelnd, und beobachten von dort aus das Wechselspiel von Sonnenuntergang und Wolkenschatten im dichten Kiefernwald.
Nonto verfügt über keine Kirche, jedoch über einen sogenannten „Stillpunkt“ – ein hölzernes, offenes Halbrund am Waldrand mit einem steinernen Lesepult und einer Sitzbank aus einer umgestürzten Eiche. Hier finden informelle Andachten, Gespräche oder einfach stille Stunden statt. Besonders ältere Bewohner nutzen diesen Ort regelmäßig. Seit einigen Jahren gibt es das Projekt „Baumwort“, bei dem Kinder kleine Holztafeln mit Zitaten oder Fragen beschriften, die dann an Bäumen entlang des Hauptwegs befestigt werden.
Die Einwohnerstruktur Nontos ist vielfältig: Etwa ein Drittel stammt aus alten Küstenfamilien, deren Vorfahren bereits Fischer oder Waldarbeiter waren. Viele Familien kamen in den 1980er Jahren aus Bierona hinzu – darunter Lehrkräfte, Rentner, einige Künstler und eine kleine Gruppe von Menschen, die sich für naturnahe Lebensmodelle entschieden haben. Die Mischung macht sich auch in der Architektur bemerkbar: neben kleinen, niedrigen Lehmhäusern mit Schilfdach finden sich moderne Holzhäuser mit Solarzellen, Gewächshäusern und Regenwasserzisternen.

Ein zentrales Element des Dorflebens ist der „Freiplatz Nonto“, ein ovaler Waldlichtungsplatz mit Feuerstelle, zwei überdachten Tischen und einem kleinen Holzpodest. Dort finden monatlich Gemeinschaftsessen statt, zu denen jeder etwas beiträgt – meist Brot, Suppen, Pilzgerichte oder geräucherter Fisch aus eigener Herstellung. Kinder führen gelegentlich kleine Stücke auf, es wird musiziert, diskutiert oder einfach gemeinsam geschwiegen. Im Frühherbst wird dort das Fest „Waldgesang“ gefeiert – mit Kerzenlichtern, Geschichten aus dem Ort und dem traditionellen „Laubherzlegen“, bei dem Muster aus buntem Herbstlaub gelegt und bei Sonnenuntergang verbrannt werden.

Der Zugang zum Strand ist durch einen einzigen Holzbohlenweg möglich, der in einer schmalen Bucht endet. Ein kleiner Aussichtspunkt erlaubt dort die Beobachtung von Zugvögeln – Graugänse, Uferschnepfen, manchmal Kraniche – und ist bei Ornithologen aus der Region bekannt. Das Gebiet selbst ist jedoch streng gesperrt; Schilder informieren über Brutzeiten und Lebensräume. Dennoch ist der Blick auf das Mare Internum von hier aus eindrucksvoll: flaches Wasser, heller Sand, sich kräuselnde Dünung, Möwenschreie – alles hinter einem stillen Zaun aus Schilf und Absperrband.
Wirtschaftlich lebt Nonto vor allem von Kleingewerbe, saisonaler Arbeit und handwerklicher Produktion. Einige Bewohner verkaufen Pilze, Beeren und Holzschnitzereien auf dem Wochenmarkt in Kreuzberg. Andere bieten kleinere Dienstleistungen wie Fahrradreparatur, Ofenbau oder Wildholzmöbel an. Die alte Schmiede am Waldrand wird heute als Werkstatt genutzt, in der Metall- und Holzarbeiten kombiniert werden – unter anderem für den Bau der „Baumworte“-Tafeln.
Touristisch ist Nonto kaum erschlossen, was viele Bewohner ausdrücklich begrüßen. Es gibt keine Hotels, aber drei private Übernachtungsmöglichkeiten: eine Einliegerwohnung mit Außendusche, eine ausbaute Jurte und ein winziges Lehmhäuschen mit Kompostklo – jeweils buchbar über persönliche Kontakte. Besucher, die hierherkommen, suchen meist Ruhe, Nähe zur Natur oder spezielle Themen wie Ornithologie oder Waldpädagogik.
Ein kleines Highlight des Ortes ist das jährlich stattfindende „Kalksteinlesen“, bei dem Fundstücke aus der Umgebung – Muschelversteinerungen, alte Tonscherben, seltsame Gesteinsformationen – gemeinsam betrachtet und besprochen werden. Der Ursprung liegt in einem historischen Fund eines Steinwerkzeugs nahe dem alten Brunnen. Seither wird diese Tradition gepflegt – nicht als wissenschaftliche Übung, sondern als gemeinschaftliches Staunen.
In Nonto scheint vieles beiläufig, langsam, manchmal improvisiert. Und doch wirkt der Ort durch seine Eigenlogik, seine stillen Rituale und das offene Miteinander erstaunlich festgefügt. Der Wald schützt, dämpft, gibt Struktur. Das Meer rauscht im Hintergrund – unsichtbar, aber spürbar. Und in der Mitte ein Dorf, das bleibt, weil es sich nicht bewegen muss.
Bahn: BZF113 stündlich 6:08 bis 21:08 nach Bierona, 7:02 bis 20:02 nach Nova, 21:02 nach Bad Novamünde, 22:02 nach Kreuzberg
Ch.: BL9 (N: Pulkwitz); Waldwege nach Waldbeerenbach Bahnhof, Mule, Strandmule