
(Pop.: 1.524 – 24m NN)
Großtolkau, eine Ackerbauernstadt mit 2.004 Einwohnern im Landkreis Kreuzberg, liegt östlich von Bierona in der südlichen Zento-Ebene – eingebettet zwischen fruchtbaren Feldern, Viehweiden und Obstplantagen. Die Stadt liegt verkehrsgünstig an der Bundesstraße 4 und der Stammbahn, wodurch sie ein bedeutender Knotenpunkt für Landwirtschaft, Verwaltung und Bildung geworden ist. Der Übergang zum Bieronaer Küstenwald ist im Süden spürbar: am Ortsrand beginnen lichte Baumgruppen, die Radfahrer bis hinunter zur 15 Kilometer entfernten Küste begleiten.
Der Stadtkern erstreckt sich entlang der alten Marktstraße, die heute noch den Wochenmarkt aufnimmt. Die Häuser Großtolkaus sind meist aus hell verputztem Lehmstein gebaut, haben Ziegeldächer und charakteristische hölzerne Wetterklappen an den Fenstern – ein architektonisches Erbe aus dem 18. Jahrhundert. Einige Gebäude tragen noch Hauszeichen aus der Kornzunftzeit, darunter das ehemalige „Haus der Mahler“, heute Sitz der Musikschule. Im Ortskern befinden sich neben der alten Schule, dem Rathaus und der „Kornblume“ – einem Laden für Saatgut, Werkzeuge und bäuerliche Fachliteratur – auch mehrere Cafés und Werkstätten, die handwerklich orientierte Produkte anbieten.

Am westlichen Stadtrand erhebt sich die Kirche St. Hubertus auf einem kleinen Sockel, ein ungewöhnlich breiter Bau mit quadratischem Mittelturm, der aus grobem Feldstein errichtet wurde. Ihre Besonderheit liegt im Inneren: ein doppelter Emporenlauf mit hölzernen Brüstungen durchzieht die Seitenschiffe, auf denen während der Erntedanktage Chöre aus dem ganzen Kreis auftreten. Die bleiverglasten Fenster stammen aus der Frühgotik und zeigen detailreiche Szenen bäuerlicher Jahresarbeit – vom Pflügen über die Saat bis zur Mühle. Besonders bekannt ist das Ostfenster, das eine Darstellung des Heiligen Hubertus beim Anbinden eines Eselwagens zeigt, begleitet von einem Engel mit Sense und einem Kelch aus Roggenähren.

Der Bahnhof liegt nördlich des Stadtkerns, umgeben von stillgelegten Ladegleisen und alten Kornspeichern. In einem dieser Speicher, der noch heute die Inschrift „Tolke & Söhne 1873“ trägt, befindet sich seit 2002 die Stadtbibliothek, die in den kühlen Lagerräumen eine umfangreiche Sammlung zur regionalen Landwirtschaftsgeschichte bereithält. Nebenan arbeitet die Brauerei „Tolksud“, bekannt für ihr kräftiges Roggenbier mit leicht süßlichem Malzprofil. Das „Roggentrug“ – so der Name – wird in Tonkrügen ausgeschenkt und nur in der Region verkauft. In der Brauereigaststube mit Backsteinboden und Deckenfresko eines mähenden Bären finden regelmäßig Lesungen und lokale Debatten statt.

Der Stadtpark, angelegt in den 1920er Jahren entlang eines künstlich angelegten Bewässerungskanals, ist ein beliebter Treffpunkt für Familien und ältere Menschen. Hier finden regelmäßig Lesungen der Bibliothek statt, oft mit musikalischer Begleitung durch Schüler der Musikschule. In einem ehemaligen Gerätehaus ist das Heimatmuseum untergebracht, das sich auf Alltagskultur der Region konzentriert. Besonders beliebt ist die Dauerausstellung „Sieben Sorten Brot“, die anhand von Objekten, Rezepten und Interviews ein lebendiges Bild bäuerlicher Vielfalt zeigt. Eine alte Hobelbank dient hier als Sitzgelegenheit unter einem Foto aus den 1950er Jahren: Männer beim Bierfrühstück vor dem Mähdrescher.
Großtolkau ist auch ein Bildungszentrum für die Region. Neben der Grund- und Oberschule befindet sich hier auch die Landwirtschaftliche Berufsschule „Johann Rehm“, benannt nach dem Tolkamer Roggenzüchter des 19. Jahrhunderts, dessen Versuchsäcker am östlichen Ortsrand rekonstruiert wurden. Dort finden heute Schulungen und Feldtage statt, bei denen Besucher seltene Getreidesorten, alte Eggen und hölzerne Saatbohrer begutachten können. In einem kleinen Laden am Gelände werden Saatproben, Roggenbrot und sogenannte „Schulbiere“ verkauft – gebraut von Auszubildenden in einer Lehrbraustation.

Einmal im Jahr, am zweiten Wochenende im Oktober, findet in Großtolkau der „Roggentag“ statt. Die Stadt verwandelt sich dann in eine Festlandschaft mit Backwettbewerben, Feldvorführungen, Bierverkostungen und Musik auf der Emporenbühne von St. Hubertus. Der traditionelle Höhepunkt ist der Festumzug durch die Marktstraße, bei dem Vereine, Schulen und Handwerksgruppen auf geschmückten Wagen Szenen aus der lokalen Agrargeschichte darstellen – immer begleitet vom Takt des Bierländer Marschs.
Großtolkau ist kein Ort großer Gesten, sondern einer, der über Substanz, Kontinuität und kluge Einbindung in seine Umgebung wirkt. Die Nähe zum Bieronaer Markt, die Bahnverbindung und die eigenen Einrichtungen machen die Stadt zu einem funktionalen, aber keineswegs farblosen Zentrum. Die Verbindung von Roggenkultur, Schulwesen, Handwerk und Festtradition verleiht Großtolkau seinen unverwechselbaren Charakter.
Bahn: SB1003 stündlich 6:35 bis 21:35 nach Bierona, 6:19 – 20:19 nach Nova, 21:19 nach Komerz ob. Bf.
Ch.: B4 (W: Kleintolkau 3,5km, O: Straßendorf 6km); BL7 (S: Waldbeerenbach); Feldwege nach Bierona Ost, Sonnenblick, Pulkwitz, Klodorf / Thalheim)