St. Petri steht an der Nordseite des Marktplatzes von Hausdorf, mit einem schmalen Vorplatz zur Rosenstraße hin, auf dem drei Poller den Verkehr bremsen. Der Bau ist ein einfacher, längsrechteckiger Saal aus Feldstein und hellem Putz, das Dach mit Holzschindeln gedeckt, auf der Westseite ein kleiner, aufgesetzter Dachreiter mit einer einzelnen Glocke. Die Wetterfahne trägt einen Schlüssel als Motiv, eine Anspielung auf den Namenspatron. Wer durch das niedrige Portal eintritt, steht in einem Raum von knapp 18 mal 9 Metern, mit dunklen Bänken, einer flachen Holzdecke und einem Ostfenster, in dessen schlichtem Glas St. Petrus nur mit Schlüsselbund und Fisch zu erkennen ist. Der Fußboden besteht aus unregelmäßigen Ziegelplatten; in der Mitte ist eine Kompassrose aus dunklem Schiefer eingelassen, deren Spitzen sich an den Haupt- und Nebenwinden des Sturmmeers orientieren.

Die älteste Erwähnung der Kapelle, die später zur Kirche ausgebaut wurde, findet sich in einem Küstenschiffer-Verzeichnis aus dem frühen 16. Jahrhundert. Damals sammelten Fischer aus den Buchten nördlich von Hausdorf Geld für eine „Capell to Sunte Peter“, um sichere Heimkehr und reiche Fänge zu erbitten. Der erste Bau war ein Holzgerüst mit Lehmwänden, das im Laufe der Jahrhunderte mehrfach ersetzt und verstärkt wurde. Die Feldsteinmauern stammen aus einer Erweiterung um 1730; aus dieser Zeit rührt auch die Glocke, deren Umschrift neben einem stilisierten Hering ein schlichtes „S. PETRI 1723“ trägt. Ein Sturm im Herbst 1968 riss große Teile der Schindeldeckung ab; ältere Hausdorfer erzählen, man habe drei Tage lang im Wechsel Buckeln und Schindeln genagelt, damit am Sonntag wieder geläutet werden konnte. Die heutige Dachhaut stammt aus einer Sanierung in den 1990er-Jahren, als die Heizbänke eingebaut und die Elektrik erneuert wurden.
Der Altar ist ein niedriger, gemauerter Block, weiß gekalkt, darauf eine Holzplatte mit Kerzensternen. Hinter dem Altar steht ein schmales Triumphkreuz aus Eiche, die Oberfläche vom Salz in der Luft leicht matt. Links am Chorbogen hängt eine Kanzel mit einfachen Kassettenfeldern; auf einer davon ist mit Bleistift „MW 1930“ eingeritzt – die Handschrift von Martha Wieck, die damals die neue Altardecke nähte und bei der Montage half. Rechts neben dem Ostfenster hängt ein Votivschiff, die „Sturmkrabbe“, gebaut von Ernst Boldt, einem bootsbauerisch begabten Pensionär, der seine Leisten mit Messingdraht band und darauf bestand, die Takel richtig zu spleißen, „sonst segelt das Ding im Kopf nicht“. Unter dem Schiff ist das kleine Taufbecken aus Sandstein eingelassen, dessen Rand eine feine Rille trägt; Kinder führen bei Führungen gern Murmeln entlang und verfolgen, wie sie sich am Ausguss treffen.

Die Orgel steht auf einer niedrigen Westempore, ein zweimanualiges Instrument aus den 1970er-Jahren, acht Register, solide, aber empfindlich gegen Salzkorrosion in den Kontakten. Organistin Mira Lang hat eine Kiste mit Ersatzkontakten und Graphitstiften im Schrank, „für den Fall, dass der Wind vom Meer dreht“. Der Klang ist hell und trägt gut in den Raum; beim Adventslied „Es kommt ein Schiff, geladen“ scheint er das Votivschiff noch einmal in Bewegung zu versetzen. Für kleinere Andachten wird ein tragbares Harmonium genutzt, wenn die Kirche in den warmen Monaten die Türen zur Rosenstraße offenhält und der Luftzug die Registerklappen zappeln ließe.

Zur Gemeinde zählen rund 80 Mitglieder. Pfarrer Johannes Becker versieht seit über zwanzig Jahren den Dienst, er predigt ruhig und konkret, mit Beispielen aus dem Alltag zwischen Hafenstraße und Küstenallee. Er kennt die Geschichten hinter den Namen in den Kirchenbüchern, die im Pfarrraum in einem weißen Schrank stehen: Geburten, Trauungen, Abschiede, die sich um die Jahreszeiten des Meeres lagern. Seit September 2025 wirkt mit Joliene Brook erstmals eine Pfarrerin in St. Petri. Ihre Einführung wurde in einem feierlichen Gottesdienst mit Chor und Gemeinde begangen, und seither prägt sie das Leben im Dorf mit. Brook ist bekannt für ihre offene Art, sie nimmt regelmäßig an den Chorproben teil und lädt Gemeindemitglieder ins Pfarrhaus ein, wo ihre Küche als Treffpunkt für Gespräche und Tee gilt. Ihre Predigten greifen häufig Bilder aus dem Alltag an der Küste auf – vom Wind in der Rosenstraße bis zu den Netzen der Fischer – und knüpfen damit an die lange Tradition der Kirche an, Glauben und Leben am Sturmmeer zu verbinden.
Küsterin Heike Brandt kümmert sich um Schlüssel, Kerzen, Klingelbeutel und den kleinen Kräutergarten hinter der Apsis, in dem Salbei, Thymian und Strandbeifuss wachsen. Donnerstags abends probt der Chor „Küstenton“ zwischen erster und dritter Bankreihe; manche Stimmen klingen vor dem Einsingen noch wie Möwen, wie sie sagen, danach tragen sie auch die leisen Verse.
Das Programm der Kirche folgt dem Rhythmus des Ortes. Sonntags um zehn ist Gottesdienst, im Sommer einmal im Monat als „Strandandacht“ an der Kante der Dünenstraße, wenn die Gischt fein genug ist, um Mikrofone zu dulden. Im Frühjahr segnet Becker in einem Seebrief-Gottesdienst die Netze und Stiefel der Fischer, aufgemalt auf einfache Tücher, die Kinder im Gemeinderaum gestalten; ein alter Nebelhorntrichter dient dann als Lesepult. Im Herbst zünden Konfirmandinnen Laternen an, die der Reiterhof „Sturmwind“ mit kleinen Ausritten begleitet. Der Konfirmandenunterricht findet mittwochs statt, zwischen Schraubstöcken und Lötstationen, weil die Jugendlichen zusammen mit der Tischlerei von Paul Winter hölzerne Pultaufsätze für die Bänke bauen – ein Projekt, das aus den kalten Händen der Wintergottesdienste geboren wurde.
Die Verbindungen der Kirche in den Ort sind dicht. Die Bäckerei Sturmkruste liefert freitags die Hefezöpfe für das Kirchenkaffee; die Sturmland Bank am Markt stellt einmal im Jahr einen Schaukasten für die Spendenaktion „Ein Dachziegel für St. Petri“ bereit. PreciCut Werkzeugmaschinen hat im vergangenen Jahr neue Messingscharniere für den Sakristeischrank gefräst und bei der Justierung der Glockenaufhängung geholfen, damit die Schwingung nicht mehr den Dachreiter ins Wackeln bringt. Sophie Bernard, die Notarin aus der Rosenstraße, organisiert Lesungen zu Recht und Ethik, bei denen zwischen Paragraphen und Psalmen überraschend lebhafte Gespräche entstehen. Oliver Lee aus dem Dorfladen bedient die kleine Mischpultkiste, wenn Konzerte mit Gastensembles stattfinden.
Architektonisch ist St. Petri eine Schule des Hinsehens. Die Fenster sind nicht bunt, sondern klar; abends, wenn die Beleuchtung innen warm wird, spiegeln sie die Bewegungen der Besucher wie flache Pfützen nach Regen. Zwei Nischen im Mauerwerk nehmen Laternen auf; in einer steht ein altes Messingöllicht mit Fischmuster, das nur zu Taufen angezündet wird. Die Sakristei ist ein niedriger Raum hinter einer schweren Eichenholzpforte, mit einem schmalen Tisch, auf dem das silberne Abendmahlsgerät in Filztaschen liegt. Hier hängt auch die Legende vom Schlüsselbund: Ein Fischer soll im 17. Jahrhundert nach einem Sturm bronzene Schlüssel in den Netzen gefunden und der Kirche geschenkt haben; später habe man mit ihnen eine verschlossene Kiste im Herrenhaus geöffnet und die „Satzungen der Dünenwacht“ geborgen. Die Schlüssel liegen heute in einer Glasvitrine, unscheinbar, aber ständig befragt.
Die Zusammenarbeit mit dem Herrenhaus ist gewachsen. Hochfrequente Konzerte mit größerem Publikum zieht man in den Großen Saal hinüber, dafür kommen Kammermusik, Liederabende und stille Passionsandachten bewusst in die Kirche zurück, wo das Holz den Klang aufnimmt. An Ostern findet die Morgendämmerungsandacht oft im Park des Herrenhauses statt, bevor sich die Gemeinde in St. Petri zum Mahl versammelt. Julia Meißner, die Landschaftsgärtnerin des Parks, hat hinter der Kirche ein Band aus Strandgras gesetzt, das die Windschneisen bricht und doch die Sicht auf den Dachreiter lässt.
Einmal jährlich öffnet St. Petri ihre Türen für den „Werk- und Klangtag“. Vormittags führen Freiwillige durch die Bauteile – Dachstuhl, Glockenstuhl, Orgelwerk –, nachmittags gibt es kurze Konzerte, Lesungen und stilles Sitzen. Die Kinder dürfen die kleine Nebelklingel im Vorraum bedienen, die früher, so erzählt Hannes Färber in seinen Führungen, Seefahrern an besonders dichten Tagen den Weg zur Rosenstraße wies. Seit 2019 ist die Kirche barrierearm: Eine Rampe am Nordportal, ein Handlauf entlang der ersten Bankreihe und eine Induktionsschleife für Hörgeräte machen den Raum zugänglicher. Einmal im Monat dolmetscht eine Ehrenamtliche in Gebärdensprache.
Die Finanzen sind schlank, aber planbar. Während der Heizmonate wärmen Bankheizungen nur die Sitzflächen, die übrige Luft bleibt kühl; die Gemeinde empfiehlt Decken, von denen viele in der Sakristei aufgeschichtet sind. Für die Außenbeleuchtung nutzt man Zeitschaltuhren, die sich am Dämmerlicht orientieren. Die Öffnungszeiten hängen am Portal: werktags 12 bis 16 Uhr, samstags bis 18 Uhr, sonntags nur nach dem Gottesdienst. Ein Besucherbuch liegt auf dem Pult in der letzten Reihe; manche Einträge sind bloße Daten, andere kurze Geschichten: „Wegen Wind Zuflucht gesucht. Ruhe gefunden.“ Daneben stehen ein Bleistift und ein kleiner Spitzer – Ordnung der kleinen Dinge, wie es zu St. Petri passt.
So ist die Kirche weniger Monument als verlässlicher Ort. Sie bündelt Spuren aus Jahrhunderten – Fischerlieder, Konfirmandenschweiß, Orgelgeruch, das Ticken der alten Wanduhr in der Sakristei – und hält sie für jene bereit, die wohnen, arbeiten, zweifeln oder danken. Wenn sonntags nach dem Segen die Tür aufgeht und der Wind durch die Rosenstraße bläst, schwingt die Wetterfahne am Dachreiter kurz nach, als winke sie der Gemeinde hinterher. Danach wird abgeschlossen, das Votivschiff hängt still, und auf der Kompassrose im Boden liegt noch ein Hauch von Meersalz.