Die Kirche St. Gorgonius in Worda steht auf einer leichten Anhöhe im Zentrum des Dorfes, leicht zurückgesetzt von der Hauptstraße, so dass sich ein kleiner, von Linden umstandener Platz vor ihr ausbreiten kann. Das Bauwerk, im Kern aus dem späten 14. Jahrhundert, wurde aus regionalem Bruchstein errichtet und im Laufe der Jahrhunderte mehrfach erweitert. Auffällig ist der gedrungene, quadratische Turm mit Schieferdeckung, der nicht nur die Glocken, sondern auch eine kleine Turmstube beherbergt, in der früher der Wächter über Feuer und Wetter wachte. Ein schmales, spitzbogiges Portal führt ins Innere, das in seiner Schlichtheit überrascht: weiß gekalkte Wände, eine hölzerne Flachdecke mit bemalten Balken und die Reliefkanzel von 1687, auf der in grob geschnitzten Szenen biblische Gleichnisse dargestellt sind.

Der Chorraum ist durch einen gotischen Triumphbogen vom Schiff getrennt. Dort fällt das Licht durch drei farbige Glasfenster, die 1923 von einem Glasmaler aus Wisnitz geschaffen wurden und Szenen aus dem Leben des heiligen Gorgonius zeigen: seine Weigerung, den heidnischen Göttern zu opfern, seine Gefangenschaft und schließlich sein Martyrium. Unter den Fenstern steht ein schlichter, aus hellem Sandstein gefertigter Altarblock, auf dem ein Kruzifix aus Lindenholz ruht. Die Kirchenbänke stammen aus dem 19. Jahrhundert, sind jedoch über die Jahrzehnte immer wieder ausgebessert worden; an manchen Lehnen finden sich eingeritzte Initialen aus den 1950er Jahren.
Die Glocke, gegossen 1741 in einer Werkstatt in Bierona, trägt die Inschrift „Vox cordis – Die Stimme des Herzens“. Sie wird noch heute zu besonderen Anlässen von Hand geläutet.
Am 10. August 2025, einem warmen Spätsommerabend, fand in St. Gorgonius eine Abendandacht statt, die viele Dorfbewohner anzog. Der Termin war nicht zufällig gewählt: Am Tag zuvor hatte das Dorf das kleine, aber beliebte Sommerfest auf dem Platz vor der Kirche gefeiert, und die Andacht galt gewissermaßen als ruhiger Ausklang. Thema des Abends war Paul Gerhardts Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“. Schon beim Betreten der Kirche lag der Duft von Bienenwachs in der Luft, die Kerzen auf den Fensterbänken warfen ein sanftes, flackerndes Licht auf die Wände.
Die Andacht wurde von Pfarrerin Miriam Lohde aus Kreuzberg geleitet, die in Worda regelmäßig den Gottesdienst versieht. Nach einer kurzen Lesung aus dem Matthäusevangelium sprach sie über die Verbindung von Naturwahrnehmung und Glauben, wie sie im Lied Gerhardts zum Ausdruck kommt. Sie betonte, dass die Freude an der Schöpfung nicht nur in großen, spektakulären Landschaften, sondern gerade auch in der unmittelbaren Umgebung gefunden werden kann – in den Kornfeldern um Worda, im Rauschen des Thalwaldes, im klaren Wasser der Carbonara.

Der musikalische Höhepunkt kam, als die Dorfbewohnerin Herta Meinicke, bekannt für ihr feines Spiel, nach vorne trat und sich mit einer Zither auf die Bank neben dem Altar setzte. Die Zither, mit ihren glänzenden Saiten und dem dunklen Holzkorpus, war ein Erbstück ihrer Großmutter und wurde nur zu besonderen Anlässen hervorgeholt. Herta begann, die ersten Töne anzuschlagen – sanft, fast tastend – und schon nach wenigen Takten setzte die Gemeinde mit dem Gesang ein. Die Melodie füllte den Kirchenraum, getragen vom hellen Klang der Zither, und die Strophen entfalteten ihre Bilder von blühenden Wiesen, singenden Vögeln und reifenden Früchten. Manche sangen mit geschlossenen Augen, andere blickten hinaus durch die geöffneten Fenster, wo die Dämmerung langsam über den Drosener Rücken zog.
Zwischen den einzelnen Strophen ließ Herta kurze Zwischenspiele erklingen, in denen das Zitherspiel fast wie ein leises Plätschern klang – als würde die Carbonara selbst in Tönen sprechen. Pfarrerin Lohde schloss die Andacht mit einem Gebet für die Erntezeit und den Dank für die Gemeinschaft im Dorf. Zum Abschied blieb die Gemeinde noch eine Weile sitzen, viele sprachen leise miteinander oder blieben einfach in Stille, während Herta noch einmal die Melodie des Liedes spielte, dieses Mal langsamer, fast wie ein Ausklang.
Vor der Kirche stand inzwischen der Himmel in tiefem Orange, und wer hinausging, konnte den Blick über die Felder schweifen lassen, wo die letzten Lichtstrahlen auf die Ähren fielen. Einige blieben noch auf dem Platz, tranken aus mitgebrachten Bechern das „Drosenbier“ und sprachen über die Andacht, das Lied und den kommenden Herbst. In den Erinnerungen vieler, die an diesem Abend dabei waren, verbanden sich das Licht, die Musik und die Worte zu einem Bild, das wohl lange bleiben wird: St. Gorgonius als Herz des Dorfes, in dem Glauben, Gemeinschaft und die Freude an der Welt zusammenkommen.