Das Museum für Grenzland und Sturmsee liegt östlich des Marktplatzes von Langsalza in der Museumsstraße 5, in einem ehemaligen Speicherbau aus dem 18. Jahrhundert. Dicke Backsteinmauern, breite Holztore und eiserne Fensterläden prägen die Fassade, die früher Salzsäcke und Fässer schützte und heute die Geschichte der Region bewahrt. Schon beim Betreten spürt man, dass hier nicht bloß Objekte ausgestellt werden, sondern ein Stück Identität des Seelandes erzählt wird.

Ein Schwerpunkt der Sammlung sind die Teichkriege des 17. Jahrhunderts, in denen Fürstentümer um Fischgründe und Handelswege stritten. Ein großer Saal zeigt eine Reliefkarte der Region; Besucher können kleine Holzfiguren aufstellen und so Belagerungen und Schlachten nachvollziehen. Besonders eindrücklich ist die Darstellung der Belagerung von Seestadt, deren Verlauf über Holztafeln dokumentiert ist.

Ein weiterer Bereich widmet sich der Wikingerzeit. Hier liegt der „Runenstein von Kjølevann“, 1884 beim Ausheben eines Grabens entdeckt. Er trägt die eingeritzte Darstellung eines Schiffes und deutet auf frühe Siedlungen am Fluss hin. Bei einer Schulführung blieb die zwölfjährige Lene lange vor dem Runenstein von Kjølevann stehen. Sie zeichnete das eingeritzte Schiff sorgfältig in ihr Heft ab. Als der Museumsführer fragte, warum sie so genau arbeite, meinte sie: „Wenn das Schiff so klein ist, dann war das nur das Zeichen für ein größeres, das man sich vorstellen musste.“ Ihre Zeichnung hängt heute im Pädagogikraum – als Beispiel dafür, wie Kinder neue Blickwinkel eröffnen. Fundstücke wie Klingenreste, Angelhaken und Bronzeschmuck ergänzen das Bild und verbinden Archäologie mit den Legenden der Fischer.

Die Eisenbahnchronik bildet ein drittes Kernstück. Seit 1839 verläuft die Northern-Desert-Railway durch Langsalza, und das Museum zeigt Schienenstücke aus den ersten Jahren, Telegrafengeräte, Uniformen und einen originalen Fahrkartenstempel. Auf dem Hof steht eine Handhebeldraisine, die sonntags von der Jugendfeuerwehr betreut wird; gegen eine kleine Spende dürfen Besucher damit bis zum Kilometerstein 6 und zurück fahren. An einem verregneten Sonntag wollte niemand die Handhebeldraisine fahren. Die Jugendfeuerwehr dachte schon daran, das Angebot abzusagen. Da erschien ein älterer Mann mit Enkelkindern, beide trugen Regenmäntel. „Gerade bei Regen spürt man die Eisenbahn richtig“, sagte er. Trotz des Wetters setzten sie sich auf die Draisine, und die Kinder lachten, während das Wasser von den Hebeln tropfte. Seitdem heißt die Draisine bei den Jugendlichen liebevoll „die Regenbahn“.

Neben den Dauerausstellungen gibt es Wechselausstellungen zu Handwerk und Alltagskultur. So zeigte man kürzlich die Tradition der Flusswäsche im Juli: Fotos von Wäscherinnen, Holzzangen, und eine nachgestellte Leine mit flatternden Laken über einem künstlichen Wasserlauf. Auch die Salztransporte von Nolo und Volo werden durch Modelle von Lastkähnen und originalen Stempeln auf Transportsäcken dokumentiert.

Das Museum ist nicht nur Aufbewahrungsort, sondern auch ein sozialer Treffpunkt. Schulklassen sitzen im Pädagogikraum an langen Tischen, um Salz zu sieben oder mit Federkielen alte Handelsverträge nachzuschreiben. Im Hof gibt es ein kleines Café, betrieben von der Bäckerei Rimkorn, die dort ihr salzkrustiges Brot mit Hering anbietet. Einmal brachte eine Fischerin aus Nolo ein Glas Sole mit, das sie über die Kruste träufelte. Der Geschmack war so ungewöhnlich, dass bald mehrere Gäste dasselbe probieren wollten. Heute gibt es auf der Karte ein kleines Extra: „Brot mit Meersalzsole – nach Noloer Art“. Die Idee stammt von dieser spontanen Verkostung. Regelmäßig finden Vorträge statt, bei denen Historiker, Fischer oder Eisenbahner ihre Geschichten teilen.

So ist das Museum für Grenzland und Sturmsee ein Spiegel der Region. Es zeigt, wie eng das Schicksal Langsalzas mit Wasser, Salz und Handel verwoben ist, und macht diese Geschichte für Besucher lebendig und greifbar.