(Pop.: 478 – 28m NN)

Belo liegt eingebettet im Tal des Rimfrostelv, rund 28 Meter über dem Meeresspiegel, zwischen der Kreisstadt Langsalza im Osten und der alten Wikingergründung Western im Westen. Mit seinen 478 Einwohnern ist es größer als die Küstendörfer an der Bucht von Kohla, aber immer noch ein Dorf, das vom Fluss, vom Handwerk und von alten Bräuchen lebt. Wer von Langsalza kommt, folgt der SEE8 oder dem begleitenden Radweg entlang des Rimfrostelv. Schon von Weitem erkennt man die Häuser, die sich an die Uferlinie drängen, als wollten sie Schutz suchen.

Das erste Bauwerk, das Besucher ins Auge fällt, ist die Holzbrücke am Untertor, die den Fluss überspannt. Sie ist ein technisches wie kulturelles Wahrzeichen. Ihr Geländer ist mit kunstvoll geschnitzten Drachenköpfen verziert. Die Überlieferung erzählt, dass an dieser Stelle in der Wikingerzeit ein Flusssteg stand, der als „Skjaldborg“ – Schildwall – diente, vielleicht als Wehr oder als symbolische Grenze. Auch wenn der heutige Bau erst aus dem 18. Jahrhundert stammt, sind die Drachenköpfe ein bewusstes Zitat dieser alten Geschichte. Jedes Jahr wird die Brücke neu gestrichen, und die Dorfgemeinschaft betrachtet sie als Tor zum eigenen Leben.

In der Dorfmitte steht das Sägewerk Belo (Mühlgasse 5). Es nutzt einen Nebenlauf des Rimfrostelv, dessen Querscheibe ein großes Sägeblatt antreibt. Das rhythmische Rattern ist seit Generationen Teil des Dorfklangs. Bretter für Bootsrümpfe werden hier zugeschnitten, ein Handwerk, das bis nach Volo und Nolo geschätzt wird, wo die Fischerboote regelmäßig neue Planken brauchen. Die Werkhalle riecht nach Harz und frischem Holz; Besucher dürfen mitunter kleine Reste als Andenken mitnehmen.

Gleich nebenan, in der Färberwiese 2, hat die Käserei Beloer Böcke ihr Zuhause gefunden. Das Gebäude war früher ein Färberhaus, in dem Wolle mit Pflanzenfarben behandelt wurde. Heute reifen in den Kellern Laibe eines festen Ziegenkäses, dessen Rinde mit Salzlauge aus Nolo abgerieben wird. Der salzige Glanz schützt nicht nur, sondern verleiht dem Käse sein unverwechselbares Aroma. Wer Belo besucht, sollte den Käse in gekühlten Scheiben mit einem Löffel Rübensirup probieren – eine Kombination, die süß und herb zugleich wirkt und in der Region als typische Zwischenmahlzeit gilt.

Ein besonderes Ritual ist das „Brückenwiegen“, das an jedem ersten Samstag im Monat stattfindet. Die Dorfgemeinschaft legt Säcke mit Erntegut auf die Holzbrücke am Untertor. Knarrt das Bauwerk besonders stark, gilt das als Zeichen für eine reiche Ernte. Bleibt es still, wird nachgesät. Das Brückenwiegen ist weniger Aberglaube als gemeinschaftliches Fest: Kinder laufen über die Bretter, Musiker spielen einfache Stücke mit Flöte und Trommel, und Händler bieten Käse, Brot und Geräuchertes aus der Umgebung an.

Belo bewahrt zugleich Verbindungen zur weiteren Region. Auf der Saatgutmesse im Mai in Langsalza gehören die Bauern aus Belo zu den aktivsten Teilnehmern. Sie bringen Körner aus der fruchtbaren Flussniederung mit, prüfen und vergleichen Sorten und entscheiden Käufe oft durch das Knacken eines einzelnen Korns zwischen den Zähnen. Dieses Bild – ein Landwirt, der aufmerksam ein Korn kaut und nickt – ist typisch für die Bauernkultur des Seelandes.

Das Dorf selbst ist geprägt von einer Mischung aus alten Höfen mit Backstein und Fachwerk sowie neueren Häusern, die sich vorsichtig in die Struktur fügen. In den Gärten wachsen Obstbäume, deren Früchte im Herbst an Ständen am Fluss verkauft werden. Kinder spielen am Ufer, bauen kleine Dämme aus Steinen und schicken Flöße aus Brettern in den Fluss, die manchmal bis zur Brücke treiben.

Das Gemeindeleben konzentriert sich auf den Platz am Sägewerk und an der Brücke. Hier werden Feste gefeiert, hier versammeln sich die Menschen nach der Arbeit. Einmal im Jahr, im September, richtet Belo ein Holz- und Käsefest aus. Dann zeigen die Säger ihr Handwerk öffentlich, große Stämme werden zerschnitten, und die Käserei öffnet ihre Reifekeller. Gäste aus Langsalza, Nolo und Zulo kommen, um zu probieren und zu handeln.

Die Lage zwischen Langsalza und Western macht Belo auch zu einem Durchgangsort. Händler und Radreisende nutzen die Wege entlang des Flusses. Viele verweilen, trinken ein Bier im kleinen Gasthaus „Zur Flussschlinge“ oder kaufen Käse für die Weiterreise. So bleibt Belo ein Ort, der trotz seiner geringen Größe weit vernetzt ist.

Auch in den Erzählungen lebt Belo weiter. Alte Leute berichten, dass in besonders stillen Nächten das Knarren der Brücke wie Stimmen klinge, als ob die alten Wächter des Skjaldborg noch immer dort stünden. Andere erzählen, dass der Rimfrostelv manchmal kleine Nebelgestalten hervorbringe, die über das Wasser laufen. Sicher ist: Der Fluss prägt das Dorf, seine Wirtschaft, seine Feste und seine Geschichten.

Wer Belo besucht, erlebt eine Verbindung von Handwerk, Brauchtum und Flusslandschaft. Hier wird nicht auf große Monumente gesetzt, sondern auf den Rhythmus der Arbeit, auf Rituale wie das Brückenwiegen, auf den Geschmack von Käse und Holzrauch. Belo ist ein Dorf, das durch seine Einfachheit besticht und in dem sich die Kultur des Seelandes in kleinen, aber eindrucksvollen Gesten zeigt.

Bahn: NDR3001 stündlich 6:49 – 21:49 nach Western, 6:14 – 21:14 nach Kohla

Ch: SEE1 (N: Nolo, S: Zulo), SEE8 (W: Western, O: Langsalza)