
Der morgige Gottesdienst in der Kirche St. Petri in Hausdorf wird ein Ereignis, das sich tief in die Dorfchronik einschreiben dürfte. Anlass ist die Einsegnung von Pfarrerin Joliene Brook, die das Amt als Nachfolgerin des langjährigen Pfarrer Johannes Becker übernehmen wird. Schon seit Tagen ist Bewegung im kleinen Saalbau aus Feldstein und hellem Putz. Küsterin Heike Brandt hat die Kräuter im Beet hinter der Apsis zurückgeschnitten, damit die Zweige von Salbei und Strandbeifuß als schlichte Sträuße im Chorraum aufgestellt werden können. Einige Frauen aus dem Kirchenrat haben frische Tücher über den Altarblock gelegt, und auf der Westempore überprüfte Organistin Mira Lang noch einmal die Kontakte ihres zweimanualigen Instruments, damit das Salz in der Luft den Klang nicht trübt.
Der Chor „Küstenton“, der üblicherweise donnerstags zwischen erster und dritter Bankreihe probt, hat ein festliches Programm zusammengestellt. Neben Chorälen wird auch ein Kanon gesungen, den Lehrer Friedrich Albers eigens für den Anlass komponierte. Manche Sänger erzählten, wie die Stimmen bei den letzten Proben im Durchzug flatterten, wenn die Türen zur Rosenstraße offenstanden – doch am Ende fanden sie sich, „wie Möwen, die den Wind nehmen“.

Die Predigt teilen sich Johannes Becker und Joliene Brook. Becker, seit über zwanzig Jahren eine vertraute Stimme zwischen Hafenstraße und Küstenallee, wird sie offiziell einführen. Brook selbst wird anschließend das Wort ergreifen. Über sie erzählt man sich bereits die Geschichte von ihrem allerersten Besuch in St. Petri: Ein Sturm riss damals die Kirchentür auf, und statt erschrocken innezuhalten, schloss sie das Gebetbuch und lachte: „Dann predigen wir eben gegen den Wind.“ Diese Gelassenheit hat ihr in Hausdorf schnell Sympathien eingebracht. Seit ihrem Einzug ins Pfarrhaus neben der Kirche gilt ihre Küche mit dem großen Teekessel als offener Ort; Nachbarskinder halfen beim Kistenschleppen, wurden aber gleich am Küchentisch mit Keksen und Geschichten bedacht.
Nach dem Gottesdienst laden die Bänke im Gemeindesaal zum Bleiben ein. Mitglieder des Gemeindekirchenrats haben Kuchen gebacken – vor allem Rührkuchen mit Nuss und Trockenobst, nach Rezepten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Ilse Hagemann weicht dafür die Rosinen in Rum ein, während Karl Jansen Haselnüsse von den Bäumen am Rand des Zwinkforsts beisteuert. Dazu schenkt man Kaffee aus, die Zuckerdosen stehen in denselben Schalen, die schon Martha Wieck 1930 bestickte, als sie die Altardecke nähte.
So verbindet sich am morgigen Tag der feste Rhythmus der Gemeinde – Glocke, Lied, Kompassrose im Boden – mit einer neuen Stimme. Wenn die Tür nach dem Segen aufschwingt und der Wind durch die Rosenstraße fährt, wird die Wetterfahne mit dem Schlüssel am Dachreiter kurz nachschwingen. Und während drinnen die Gemeinde Kuchenstücke verteilt, wird man spüren: Mit Joliene Brook beginnt ein weiteres Kapitel im langen, verlässlichen Atem von St. Petri.