Als am 14. September 2025 die Glocke von St. Petri zum Ausklang des Einsegnungsgottesdienstes für Pfarrerin Joliene Brook schlug, war das Kirchenschiff von Hausdorf noch erfüllt vom Nachhall des Kanons, den der Chor „Küstenton“ für diesen Anlass eingeübt hatte. Die Stimmen, die in den Tagen zuvor im Durchzug der Rosenstraße fast verweht schienen, hatten sich zu einer klaren, festlichen Klanggestalt zusammengefügt. Nach Predigt und Segen, nach Kaffee und den Rumrosinenkuchen im Gemeindesaal, stand für die Sängerinnen und Sänger ein zweiter Teil des Festtages an: die traditionelle Septemberwanderung der Kantorei.
In diesem Jahr war es also kein „gewöhnlicher“ Sonntag, sondern ein besonderer Übergang: Der langjährige Pfarrer Johannes Becker hatte Joliene Brook offiziell in ihr Amt eingeführt, und nun begleiteten ihn die Sängerinnen und Sänger ein letztes Mal bei einer ihrer Wanderungen. Brook selbst ließ es sich nicht nehmen, gleich mitzugehen. Sie schlüpfte aus der schwarzen Amtstracht in wetterfeste Stiefel, griff nach einem Wanderstock, den Küsterin Heike Brandt aus dem Geräteschuppen gezogen hatte, und reihte sich lachend ein.

Der Weg führte vom Kirchhof die Lindenstraße hinunter, über den Feldweg hinaus Richtung Küste. Es war ein stiller, fast windloser Nachmittag, das Sturmmeer glitzerte nur am Rand. In den Gesprächen mischten sich Erinnerungen an die zwei Jahrzehnte mit Becker und erste neugierige Fragen an Brook. Besonders blieb im Gedächtnis, wie Brook, als ein Junge aus der Nachbarschaft unbedacht ins hohe Gras sprang, sofort einen alten Seemannsspruch zitierte: „Wer den Wind sucht, soll auch den Hafen kennen.“ Damit hatte sie die Lacher auf ihrer Seite.
Und wieder geschah, was man seit Jahren kannte: Ohne dass jemand etwas organisiert hätte, stießen die Wanderer auf einen Ort der Einkehr. Am Rand einer Wiese hatte Karl Jansen, der am Morgen noch Haselnüsse für den Kirchkaffee beigesteuert hatte, seinen Anhänger abgestellt. Darauf ein kleines Fass Bier und ein paar Holzbänke, die er eigentlich für das Dorffest am nächsten Wochenende bereitstellen wollte. Als er die Gruppe kommen sah, rief er nur: „Dann probiert halt schon mal!“ Rasch waren die Gläser gefüllt, und zwischen Liedfetzen und Gelächter wuchs das Gefühl, dass dieser Zufall längst Teil der Tradition war.
So verband sich an diesem Sonntag die Einsegnung einer neuen Pfarrerin mit der alten Gewohnheit der Kantoreiwanderung. Während die Sonne langsam hinter dem Herrenhaus von Hausdorf versank, war allen klar: Mit Joliene Brook wird sich manches ändern, doch die vertraute Mischung aus Gesang, Gemeinschaft und dem unverhofften Bier am Weg bleibt bestehen – als Band zwischen Vergangenheit und Zukunft.