Der Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG ist einer der ältesten genossenschaftlich organisierten Landwirtschaftsbetriebe der Inselwelt Landauri. Er umfasst heute rund 2.100 Hektar Ackerfläche im westlichen und südlichen Seeland, verteilt auf die Gemeinden Achthaus, Ulmdorf, Zajin und Teile der Unterstrander Feldmark. Sein Verwaltungssitz befindet sich am südlichen Ortsrand von Unterstrand, in einem schlichten Backsteinbau an der Feldstraße 11, unweit der Bahnlinie SeeLB87.

Die Gründung der Genossenschaft erfolgte im Jahr 1924, als sich sieben Landwirte aus Achthaus und Ulmdorf zusammenschlossen, um die Bewässerung und Fruchtfolge ihrer Flächen gemeinschaftlich zu organisieren. Bereits damals war klar, dass die Seeland-Ebene mit ihren wechselnden Wasserständen, Gräben und Böden nur durch abgestimmte Planung dauerhaft fruchtbar zu halten war. Die Flächen lagen zu nahe an den Teichläufen, um rein privat bewirtschaftet zu werden, und zu weit auseinander, um sie ohne gemeinsames Gerät zu bestellen.

Heute beschäftigt der Agrarverbund etwa 95 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Landwirte, Techniker, Saatgutveredler, Maschinenführer und Verwalter – und betreibt seine Höfe nach einem über Jahrzehnte verfeinerten Rotationsschema: Rüben, Roggen und Flachs bilden den Dreiklang der Seeland-Wirtschaft, ergänzt durch kleinere Bestände von Hafer und Klee.

Der Jahreslauf folgt einem Rhythmus, der sich seit Generationen kaum verändert hat. Im Frühjahr werden die Entwässerungsgräben geöffnet und die Pumpwerke überprüft. Schon in den 1930er Jahren arbeitete der Verbund eng mit dem Pumpenhaus Schleusenstraße 8 in Unterstrand zusammen, das bis heute Wasser aus dem Teichfluss in die seitlichen Bewässerungsgräben leitet. Im Mai beginnt die Flachsaussaat, wenn die Erde noch feucht und kühl ist. Im Juli folgt das Rübenhäufeln, im August die Flachsernte – ein arbeitsintensiver Abschnitt, bei dem Maschinen und Menschen gleichermaßen gefragt sind. Der Flachs wird gezogen, geröstet, getrocknet und anschließend in Faultierwald zum Leinenwerk „Faden & Band“ gebracht.

Im Herbst färbt sich die Ebene goldbraun. Dann ist Erntezeit: Rübenmieten entlang der Straßen, Strohbunde an den Feldrändern, Rauch über den Trockenschuppen. Der Roggen, in langen Reihen gelagert, dient nicht nur als Brotgetreide, sondern auch als Basis für das Flachsbier aus Ulmdorf, das der Verbund seit den 1950er Jahren an die dortige kleine Brauerei liefert.

Der Hauptbetrieb des Verbunds liegt auf dem Hof Schulten in Achthaus, Achthaus Nr. 1. Dort befindet sich eine Flachsröste, die noch nach dem Prinzip der Kaltwassertechnik arbeitet. Besucher können nach Anmeldung die Röstanlage besichtigen – eine schmale Ziegelhalle mit Wasserbecken, in denen die Flachsstängel mehrere Tage liegen, bis sich die Fasern lösen. Über Holzstangen aufgehängt, trocknet der Flachs im Wind, bevor er gebrochen und gebündelt wird. Im Dachgeschoss befindet sich die Saatgutkammer, in der Waagen, Siebe und alte Beschriftungstafeln aus den 1930er Jahren erhalten sind.

Die Genossenschaftsstruktur des Verbunds ist schlicht, aber funktional. Jedes Mitglied bewirtschaftet eigene Flächen, ist aber Teil der Gesamtorganisation. Maschinen und Düngemittel werden zentral beschafft, ebenso Saatgut und Bewässerungstechnik. Auf dem Hof in Unterstrand steht die Maschinenhalle, eine 60 Meter lange Blechhalle mit Traktoren, Drillmaschinen, Rübenrodern und Flachszugbändern. Der Schmierölgeruch und das Klopfen der Werkzeuge prägen die Atmosphäre. Alte Schilder tragen Aufschriften wie „Pfleglich mit Gerät umgehen!“ oder „Trocknen vor dem Einlagern!“.

Eine Besonderheit der Genossenschaft ist ihr Wasser- und Bodenlabor, eingerichtet 1988 in einem Nebengebäude des Verwaltungssitzes. Hier werden Bodenproben, Phosphatwerte und Feuchtigkeitsgehalte gemessen. Besonders nach den nassen Jahren 1994 und 2007 wurde deutlich, wie wichtig diese regelmäßigen Untersuchungen sind. In einem alten Schrank stehen Glasröhren mit Bodenproben aus fast hundert Jahren, jede mit Datum, Feldbezeichnung und Unterschrift versehen.

Die Zusammenarbeit mit den Nachbarbetrieben ist eng. So liefert die Auenwolle Schittingen eG den Mist der Schafherden als Dünger für die Roggenfelder, während der Flachs aus Achthaus und Ulmdorf in Faultierwald weiterverarbeitet wird. Der Austausch ist zirkulär – was auf einem Hof wächst, findet auf dem anderen Verwendung. Dieses Prinzip der geschlossenen Kreisläufe gilt im Seeland als vorbildlich und hat dem Verbund mehrfach regionale Auszeichnungen eingebracht.

Im Dorfleben spielt der Agrarverbund eine zentrale Rolle. Die jährliche „Feldversammlung“ im Mai zieht Bauern, Familien und Handwerker aus der ganzen Umgebung an. Auf einem Acker am Rande von Zajin wird ein Zelt aufgestellt, Maschinen werden vorgeführt, neue Flachssorten vorgestellt, und der Vorstand hält Bericht über Erträge und Wasserstände. Am Abend werden Brot, Käse und Rübenbier gereicht – eine Mischung aus Generalversammlung und Dorffest, die für die Region typisch ist.

Auch in der Erhaltung alter Anbauformen engagiert sich der Verbund. Auf einer kleinen Parzelle bei Ulmdorf wird ein historischer Flachsacker betrieben, auf dem von Hand gesät, geerntet und geröstet wird. Schulklassen und Besuchergruppen können hier die Arbeitsschritte nachvollziehen. Daneben unterhält die Genossenschaft eine kleine Sammlung alter Werkzeuge – Brecheln, Hechelrahmen, Holzspulen –, die jährlich beim Torf- und Flachsfest in Ulmdorf gezeigt werden.

Der Verbund achtet auf die Landschaftspflege. Alte Windschutzhecken werden erneuert, Drainagegräben gepflegt, Kopfweiden geschnitten. Im Winter, wenn die Maschinen ruhen, ziehen Arbeiter mit Sägen und Spaten durch die Felder, um Gräben freizulegen. Die Böden werden kartiert, um Überflutungen zu verhindern – eine Aufgabe, die im Seeland nie abgeschlossen ist.

Wirtschaftlich bleibt der Verbund stabil. Etwa 60 Prozent der Erträge stammen aus Getreide, 25 Prozent aus Zuckerrüben, der Rest aus Flachs. Der Absatz erfolgt über Genossenschaftsverträge mit Mühlen, Brauereien und Textilwerken. Besonders das Leinenwerk Faultierwald Faden & Band und die Ulmdorfer Brauerei sind enge Partner.

Ein kleiner, aber bedeutender Teil der Ernte wird jährlich aufbewahrt und im Saatgutarchiv Unterstrand eingelagert. In beschrifteten Gläsern lagern dort Samen alter Roggen- und Flachssorten, teils über 70 Jahre alt. Das Archiv dient nicht nur wissenschaftlichen Zwecken, sondern symbolisiert auch die Kontinuität der seeländischen Landwirtschaft.

Der Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG ist kein Museum, sondern ein arbeitendes System, das aus Erfahrung lebt. Auf den Feldern zwischen Achthaus, Ulmdorf und Zajin ist die Geschichte sichtbar: alte Schleusen, Pumpenhäuser, Feldsteine mit Markierungen. Jede Spur verweist auf die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Wasser.