(Pop.: 14.685)

Der Landkreis Unterstrand liegt südwestlich von Seestadt in Seeland-Ebene. Zwischen Kleinem Teich im Osten und den flachen Auen des Zajinbachs im Südwesten verläuft ein gut erschlossenes Agrarland mit Feldern, Gräben, Windschutzhecken und einzelnen Hofgruppen. Die Nord-Süd-Ausdehnung misst an der westlichen Breitseite 33 Kilometer, in Ost-West-Richtung etwa 35 Kilometer. Entwässerungsgräben ziehen rechtwinklig zu alten Flurwegen; der Teichfluss speist Schleusen und Pumpwerke, die die Felder zuverlässig bewässern. Die Autobahn A4 durchschneidet den Landkreis von West nach Ost südlich der Kreisstadt Unterstrand. Der Südosten des Landkreises liegt im Seelandwald.

Die Kreisstadt Unterstrand

Unterstrand, Sitz der Kreisverwaltung, zählt 5.478 Einwohner und liegt am Südufer des Kleinen Teichs. Das Rathaus aus gelbem Ziegel steht Am Markt 1; dahinter öffnet sich der Teichplatz mit Wochenmarkt (Dienstag und Freitag, jeweils ab 6 Uhr), Fischständen und einem schmalen Pavillon für die Mittagsmusik der Musikschule. Entlang der Ufermauer führt die Promenade „Am Südkai“ mit niedrigen Pollern, Anlegeplätzen für Ruderboote und einem kleinen Anleger der Ausflugsschiffe. Die Fischmarkthalle Unterstrand, ein langgestreckter Bau von 1912 mit Stahlbinderdach, liegt an der Schleusenstraße 7; am frühen Morgen drängen Karren mit Karpfen, Hecht und Zander hinein, nachmittags sind die Tische mit geräuchertem Aal und eingelegten Teichkrebsen gedeckt. Das Pumpenhaus gegenüber (Schleusenstraße 8) zeigt in einer kleinen Dauerschau den Wandel von handbetriebener Schöpfvorrichtung zu Diesel- und Elektropumpen; wer die Treppe hinuntersteigt, hört durch die Klinkerwand noch das tiefe Brummen der heutigen Aggregate.

Die Altstadt wächst um zwei Achsen: die Marktgasse, in der Bäcker, Metzger und der Laden für Teichgeräte dicht an dicht sitzen, und die Uferstraße, an der die schlanken Kontore mit Holzbohlenböden in die Tiefe ragen. In einem ehemaligen Speicher ist das Teich- und Auenmuseum (Uferstraße 22) untergebracht; Netze hängen von den Decken, und eine Holztafel verzeichnet die Fangrechte der Gilden seit 1683. „Zur Aalfrau“, eine Schankstube Am Schanzgraben 2, nimmt Bezug auf den alten Wallgraben, der den Ort nach Süden sicherte; hier sammelt sich abends Handwerk und Verwaltung, und im hinteren Zimmer steht ein Kanonenrohr aus der Zeit der Teichkriege mit Rußspuren am Mündungsrand. Zwischen Altstadt und Bahnhof spannt sich der Teichkammweg, eine schnurgerade Allee mit Linden und einer schmalen Radsparspur; am Ende steht das flache Stationsgebäude (Bahnhofstraße 1).

Die Kreisstadt hat eigene, handfeste Milieus. An der Querstraße 9 betreibt die Familie Sarnow den Laden „Teich & Lehm“, der Reusen repariert und Teichpfähle verkauft. In der Werkstatt „Unterstrander Bootsleisten“ (Am Südkai 19) hobeln drei Gesellen formverleimte Kimmleisten aus Esche für die offene Teichjolle; ein Rohr an der Fassade bläst Holzstaub in einen Container, der in der Heizzentrale des Schwimmbads landet. Das Freibad selbst, aufgeschüttet auf Pfählen, liegt am Südende der Promenade und wird durch einen Kanal mit Teichwasser gespeist; im Frühjahr riecht es nach Schilf und Teer aus den frisch ausgebesserten Fugen.

Die kirchliche Mitte bildet St. Gertrud am Teich (Kirchhof 2), eine schlichte Saalkirche von 1524 mit gekehlten Ziegelbändern und einem niedrigen Westturm, dessen Glocke aus einer Schweinetopflegierung umgegossen wurde. Im Chor hängt ein hölzernes Votivschiff, das 1780 von der „Fischergemeinschaft Gertrud“ gestiftet wurde; in den Planken sind Nägel eingelassen, jeder steht für einen Bootsanteil. Der Pfarrgarten reicht bis an den Schanzgraben, der als grasiger Hohlweg erkennbar ist und zur „Schanzpforte“ führt, einem gemauerten Durchlass über dem Entwässerungsgraben. St. Gertrud, die Auenkirche Maria Magdalena in Zajin und die Rosenkranzkirche von Rosengarten bilden im Kreis drei markante Kirchen mit erkennbaren Eigenheiten und regelmäßigen Musikterminen; ihre Orgeln erklingen wechselweise an den Sonnabenden, und die Programme liegen in den Läden aus.

Zu den historischen Orten der Kreisstadt gehören der Schanzgraben selbst mit dem Rest einer Pfahlreihe unter der Ufermauer („Teichkastell Unterstrand“, archäologisch gesichert als Wachposten des späten 9. Jahrhunderts), die Schleuse IV mit Kammrad, die 1846 im Rahmen der Teichregulierung gebaut und 1928 elektrifiziert wurde, und der „Stein von Kolla“, ein behauener Findling mit eingeritztem Schiff, den Taucher 1971 vor dem Südkai fanden. Der Stein wird in einer klimatisierten Vitrine im Museum gezeigt; eine Kopie steht am Ufer, und Kinder legen Schilfhalme in die eingeritzten Linien, weil diese im Wind leise summen.

Dörfer und Gemeinden

Die Dörfer des Landkreises liegen wie Perlen an Feldwegen und Bächen, jede Siedlung mit einer klaren Aufgabe.

Achthaus, ein Dorf mit 328 Einwohnern auf 105 m NN, liegt westlich des Kleinen Teichs im Tal der Weidenitz, die hier entspringt und durch die Seeland-Ebene fließt. Es besteht aus acht alten Vierseitenhöfen, die den Namen des Ortes prägten. Zentrum ist der Dorfanger mit dem handbetriebenen Tiefbrunnen, an dessen Eisenring noch die Kerben der Eimerhenkel sichtbar sind. Auf dem Hof Alvermann (Nr. 4) reifen Käse aus Schaf-Kuh-Mischmilch in Weidenkörben, auf dem Hof Schulten (Nr. 1) kann man die Flachsröste und Saatgutkammer der Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG besichtigen. Die Felder rund um Achthaus folgen einer Fruchtfolge aus Rüben, Roggen und Flachs. Im Schleusenbuch der Unterstrander Schleuse IV von 1854 wird Achthaus erstmals schriftlich erwähnt – als Heimat zweier Knaben, die dort beinahe verunglückten. Heute ist Achthaus ein ruhiges, landwirtschaftlich geprägtes Dorf mit alten Linden, offenen Höfen und einem lebendigen Jahreslauf zwischen Saat, Ernte und Dorffesten. Der Ort verbindet Handwerk, Geschichte und Gemeinschaft in einer beständigen, wasserreichen Landschaft.

Südlich davon liegt Faultierwald, ein Straßendorf mit 782 Einwohnern auf 115 m NN. Entlang der Landstraße SEE16 reihen sich Höfe, Werkstätten und Wohnhäuser mit kleinen Vorgärten, in der Mitte zieht sich ein Grünstreifen bis zum namensgebenden kleinen Wald. Das Dorf lebt vom Flachs: Im Leinenwerk „Faultierwald Faden & Band“, gegründet 1903, wird das Erntegut der Umgebung zu Garn, Seil und dichter Leinwand verarbeitet. Die Produkte finden Verwendung in Landwirtschaft und Bootsbau, und im Werksverkauf kann man Stoffbahnen und Seile erwerben. Der Ort verdankt seine Entstehung einem alten Ziegelbrennofen, dessen Lehm 1524 die Ziegel für die Unterstrander Kirche St. Gertrud lieferte. Faultierwald liegt an der Bahnlinie SeeLB 86 mit Verbindungen nach Seestadt und Western und pflegt trotz moderner Industrie eine ländliche Ordnung. Feste wie das jährliche Leinenfest, der Duft von Flachs und das gleichmäßige Rattern der Webstühle prägen die Atmosphäre. Faultierwald verbindet Geschichte, Handwerk und Gemeinschaft in einer Landschaft, die Arbeit und Ruhe gleichermaßen trägt.

Im Südwesten des Kreises liegen Ulmdorf (Pop.: 236). Es entstand an einem Seitenarm der alten Heerstraße und ist geprägt von Flachs, Torf und Ton. Rund um das Dorf erstrecken sich Felder der Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG, die Rüben, Roggen und Flachs im Wechsel anbaut. Der Flachs wird zum Leinenwerk „Faultierwald Faden & Band“ geliefert, wo viele Ulmdorfer arbeiten. Im Dorf selbst wird das nussige Flachsbier gebraut, das bis nach Unterstrand verkauft wird. Am Ulmweg 7 betreibt Töpfer Jannik Raufeisen seine Werkstatt mit schrägem Schornstein und holzgefeuertem Ofen – ein Wahrzeichen des Ortes. Westlich liegen die alten Torfgruben, deren Ziegel bis heute die Kirche St. Gertrud am Teich in Unterstrand heizen. Die Kapelle St. Ulm mit ihrer alten Ulme und das jährliche Torf- und Flachsfest sind kulturelle Mittelpunkte.

Papierstedt (Pop.: 2.579) hat seinen Namen von vier Wassermühlen, die im 17. Jahrhundert Getreide, später Tuch und Papier verarbeiteten – daher der Name „Papierstedt“. Heute ist das Dorf ein kleiner Industriestandort mit Werkstätten, Bahnanschluss und dem Werk „Vier Mühlen – Tuch & Strick“, das Walkwaren, Jacken und Seemannsunterhemden produziert. Die Wolle stammt aus der Auenwolle Schittingen eG, die Fasern aus den Auen und dem Seelandwald liefert. Ein Papierstedter Schmied fertigte 1748 das hölzerne Uhrwerk der Kirche St. Gertrud am Teich in Unterstrand, das fast zweihundert Jahre lief. Entlang des Kanals erinnern Brücken und Ruinen an die alten Mühlen, während Arbeiterhäuser, Werkhallen und der Marktplatz das Ortsbild prägen. Papierstedt ist durch die Bahnlinien SeeLB87 und SeeLB88 gut verbunden und feiert jährlich das Vier-Mühlen-Fest, bei dem Maschinen, Musik und Wasser den Takt angeben.

Zajin, mit 3.578 Einwohnern auf 141 m NN, liegt im Tal des Zajinbachs im südwestlichen Teil des Landkreises Unterstrand. Der Fluss, der aus dem Haugwald bei Haugwitz entspringt, prägt den Ort – Häuser, Brücken und Wege folgen seinem geschwungenen Lauf. Mittelpunkt ist der Markt mit Muschelkalkpflaster, der sich zwischen zwei Brücken spannt. Die Maria-Magdalena-Kirche, mit Deckenmalerei von Fischen und Netzen, erinnert an die alte Fischerzunft; hier finden auch die „Teichkonzerte“ statt, die Zajin mit St. Gertrud (Unterstrand) und der Rosenkranzkirche (Rosengarten) verbinden. Wirtschaftlich lebt der Ort vom Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG, der Flachs, Rüben und Roggen anbaut; früher gelangten robuste Leinensäcke aus Faultierwald hierher, um Saatgut zu lagern. Am Thingplatz, einer Wiese mit Findlingen und alter Linde, wird Geschichte jährlich im Thingfest lebendig. Die „Bogenstube Kolski“ serviert Hering auf Roggenfladen – ein Stück seeländischer Alltagskultur. Zajin vereint Wasser, Handwerk, Landwirtschaft und Musik zu einem Ort, der in seinem ruhigen Rhythmus die Geschichte des Seelandes weiterträgt.

Schittingen, 524 Einwohner auf 122 m NN, liegt im Schittinger Auenwald am Zajinbach im Südwesten des Kreises Unterstrand. Der Ort steht auf einer kleinen Anhöhe zwischen feuchten Mulden, Schilf und Erlenbeständen. Zentrum des Dorfes ist die Auenwolle Schittingen eG, eine Genossenschaft, die seit 1923 Rohwolle aus den Auen und Sandrücken des Seelandwaldes wäscht, kämmt und zu kardierten Bändern verarbeitet. Der Lanolingeruch liegt über dem Bach, Dampf steigt aus den Wannen. Die Wolle geht nach Papierstedt zum Werk „Vier Mühlen – Tuch & Strick“, der Mist der Schafherden wird auf die Felder des Agrarverbunds Seeland-Ebene Unterstrand gebracht. Im Altarraum der Maria-Magdalena-Kirche in Zajin liegt ein gewebtes Tuch aus Schittinger Wolle – Symbol der Verbindung der Dörfer. Der Auenpfad, ein hölzerner Rundweg durch das Feuchtgebiet, führt Besucher an alten Reusenhütten und Beobachtungsständen vorbei.

Im Südosten des Kreises reicht der Seelandwald mit seinem Mischbestand aus Eichen, Buchen und Kiefern in das Kreisgebiet.

Rosengarten, ein Dorf mit 453 Einwohnern auf 115 m NN, liegt vier Kilometer südlich von Seestadt in einer kreisrunden Lichtung des Seelandwaldes. Hinter fast jedem Zaun wachsen Rosenstöcke – nicht zur Zierde, sondern als Unterlagen für die Veredelungen der örtlichen Baumschule Rosengarten eG, die seit Generationen robuste Wurzelpflanzen für das Seeland liefert. Mittelpunkt des Ortes ist die Rosenkranzkirche, ein schlichter Holzbau mit Schindeldach und freiem Glockenstuhl. Ihr tragbares Prozessionskreuz aus Hainbuche wird im Sommer mit Hagebuttenketten geschmückt, was der Kirche ihren Namen gab. Die Kirche ist zudem Teil der musikalischen Reihe der Teichkonzerte, die Rosengarten mit Zajin und Unterstrand verbindet. Im Dorf arbeiten Gärtner, Holzhandwerker und Rosenölbrenner; auf den Höfen duften Erde, Harz und Blüten. Der Rosenmarkt und die jährliche Rosenprozession prägen das dörfliche Leben, ebenso die kleinen Werkstätten, die Rosenholz und Leinen verarbeiten. Rosengarten ist kein Ort der Schau, sondern ein Ort der Pflege – von Pflanzen, Formen und Gemeinschaft – ein leiser, beständiger Mittelpunkt im grünen Gürtel des Seelandwaldes.

Südteich (Pop.: 715) liegt tatsächlich am Südufer des Großen Teichs und wird von zwei Werften und einem Segelverein geprägt; zur Kirchweih werden Boote mit Zweigen geschmückt und an der Kapelle zu St. Bereniké vorbeigeschoben, deren kleine Glocke aus einem alten Anker gegossen wurde.

Ragelblitz (Pop.: 12) klebt im Tal des gleichnamigen Baches an einer Lichtung, die der Blitz mehrfach getroffen haben soll; am Hang darüber erkennt man eine halbmondförmige Wall-Spur, den „Kamm von Ragelblitz“, der als Wikingerwarte gilt. Eine Tafel aus Eiche erklärt, wie hier Feuerzeichen in Richtung Teichufer gegeben wurden; wer den schmalen Gratweg geht, sieht an klaren Tagen die helle Linie des Ufers von Unterstrand.

Sehenswürdigkeiten

Drei historische Orte stechen im Kreisgebiet hervor und sind mit einfachen, aber präzisen Hinweistafeln markiert.

Der schon erwähnte „Kamm von Ragelblitz“ gilt als frühmittelalterliche Warte, die bei Überfällen auf die Teichufer besetzt wurde; bei einer Grabung wurden gebrannte Lehmklumpen und ein Messerfragment geborgen.

Der „Thingplatz von Zajin“, eine leicht erhöhte Wiese mit einem Kranz aus Findlingen, diente später als Gerichtsstätte und noch im 18. Jahrhundert als Versammlungsort der Flurgenossenschaft; eine Linde mit eingewachsener Eisenöse zeigt, wo die Zunftfahne eingehängt wurde.

In Unterstrand zeugt das „Teichkastell“ am Schanzgraben von den Verteidigungsbemühungen während der Wikingerzüge; ein freigelegter Abschnitt der Palisadenrinne ist durch eine Glasschiene geschützt, und eine Rekonstruktionszeichnung zeigt den Wachsteg mit zwei Hütten. Das Teichkastell von Unterstrand liegt am Schanzgraben, südlich der Altstadt, und gilt als einer der ältesten erhaltenen Wehrbauten des Seelandes. Es entstand im 9. Jahrhundert als hölzerner Wachposten zum Schutz der Teichufer während der Wikingerzüge. Die Anlage bestand aus einem Wehrsteg, Palisaden, zwei Hütten und einem Signalfeuer. Archäologische Funde – verkohlte Pfähle, Pfeilspitzen, Keramik und Werkzeuge – belegen die Zerstörung des Kastells um 900 n. Chr. und seine Funktion als Teil eines Warnsystems. 1924 wurden die ersten Pfähle entdeckt, in den 1960er Jahren legten Archäologen die Fundamente frei. Heute ist die Anlage museal erschlossen: Eine Glasabdeckung zeigt die Pfahlreihe, ein Modell veranschaulicht den Aufbau, und Führungen beleuchten die Geschichte. Das Kastell ist nicht nur Zeugnis militärischer Frühgeschichte, sondern Symbol für Gemeinschaft und Überleben im wasserreichen Seeland. Feste, Schulführungen und Kunstprojekte halten die Erinnerung lebendig.

Die drei markanten Kirchen bilden ein funktionierendes Dreieck geistlichen Lebens.

St. Gertrud am Teich, die 1524 erbaute Kirche Unterstrands, ist das geistliche Zentrum der Stadt. Der schlichte Ziegelbau mit seinem niedrigen Westturm und der warm klingenden Glocke steht in enger Verbindung zum Leben am Wasser. Im Inneren hängt das Votivschiff der Fischerzunft von 1780, Symbol der seeländischen Gemeinschaft. Von besonderer Bedeutung ist der alte Erntedankbrauch um das graue Wolltuch, das aus der Wolle seeländischer Schafe gewebt wird. Am ersten Sonntag im Oktober breitet die Gemeinde es im Kirchenschiff aus, legt Brotlaibe darauf und teilt sie nach dem Gottesdienst an Bedürftige aus. Das Ritual, seit dem 17. Jahrhundert überliefert, erinnert an die Zeit der Fluten und Hungersnöte, als die Bewohner des Teichlands ihre Ernte gemeinschaftlich teilten. Das Wolltuch wird danach gereinigt, im Turm aufbewahrt und gilt als Sinnbild für Solidarität und Zusammenhalt.

Die Maria-Magdalena-Kirche in Zajin, erbaut 1568 am Ufer des Zajinbachs, ist das geistliche Herz des Ortes und zugleich Spiegel seines Lebens am Wasser. Der schlichte Ziegelbau entstand aus Material der Faultierwalder Brennöfen und ruht auf Sandsteinfundamenten aus Haugwitz. Im Inneren erzählt die bemalte Decke von Netzen, Booten und Fischern – Sinnbildern der Arbeit und des Glaubens. Unter der Empore hängen Tafeln mit Bootsnamen verunglückter Fischer, während die nummerierten Bänke an die alte Sitzordnung der Zünfte erinnern. Auf dem Altar liegt ein graues Wolltuch aus Schittinger Wolle, der Taufstein ist ein Findling aus dem Fluss. Besonders berühmt sind die „Teichkonzerte“, die Maria Magdalena mit St. Gertrud (Unterstrand) und der Rosenkranzkirche (Rosengarten) verbinden – Musikabende, bei denen sich Orgelklang und Wasserrauschen mischen. Im Winter brennt das „Magdalenenlicht“ am Ufer, und das Geläut hallt über den Fluss.

Die Rosenkranzkirche in Rosengarten besitzt ein tragbares Prozessionskreuz aus Hainbuche, dessen Maserung kleine helle Punkte zeigt; im Sommer trägt man es durch die Gassen, und die Kinder setzten früher Hagebuttenketten darauf, was der Kirche ihren Namen mitgab.

Neben den Kirchen lohnen drei weitere Sehenswürdigkeiten den Besuch.

Der Schittinger Auenpfad ist ein 4,2 Kilometer langer Rundweg durch den feuchten Schittinger Auenwald am Zajinbach im Südwesten des Seelandes. Er entstand 1989 aus alten Wartungswegen der Auenwolle Schittingen eG und verbindet Natur, Arbeit und Geschichte in einer Landschaft aus Wasser, Erlen und Weiden. Bretterstege führen über nasse Mulden, kleine Brücken über Gräben, und an drei Beobachtungsständen kann man Reiher, Biber und Eisvögel beobachten. Eine restaurierte Reusenhütte zeigt alte Werkzeuge des Fischfangs. Auf der Weide am Pfad grasen die Schafe der Auenwolle-Genossenschaft, deren Wolle in Papierstedt weiterverarbeitet wird. Schilder erinnern an die Kreisläufe von Wasser, Wiese, Schaf und Mensch. Besonders bekannt ist der Mattensteg, der durch Flächen mit Sumpfgräsern führt, die noch heute zu Matten geflochten werden. Der Auenpfad ist kein touristischer Spazierweg, sondern ein stiller Lehrpfad, der das Gehen verlangsamt und die Sinne schärft. Wer ihn begeht, erlebt den Pulsschlag des seeländischen Lebens: Arbeit, Geduld und die unaufhörliche Bewegung des Wassers – ein Gleichgewicht aus Nutzen und Natur.

Die Schleuse IV in Unterstrand bietet stündliche Führungen, bei denen ein ehemaliger Schleusenwärter das Kammrad anlaufen lässt und die Lärmkulisse der alten Klappen demonstriert. Die Schleuse IV in Unterstrand wurde 1846 erbaut und ist Teil des historischen Teichregulierungssystems des Seelandes. Sie verbindet den Kleinen Teich mit dem Entwässerungskanal und regelt seit fast zwei Jahrhunderten den Wasserstand. Das Backsteinhaus mit dem großen gußeisernen Kammrad wurde 1928 elektrifiziert, blieb jedoch in seiner ursprünglichen Struktur erhalten. Generationen von Schleusenwärtern lebten im angeschlossenen Haus; ihre Pegelbücher, Werkzeuge und Aufzeichnungen sind bis heute erhalten. Bei Führungen zeigt ein ehemaliger Wärter die Mechanik, die das Öffnen und Schließen der Tore steuert. Das Schleusenensemble gilt als Symbol des seeländischen Umgangs mit Wasser und Arbeit: präzise, handwerklich, beständig. Eine Gedenktafel erinnert an Schleusenwärter Henrik Vosse, der 1913 im Hochwasser starb. Heute ist die Schleuse IV denkmalgeschützt, dient als Lern- und Erinnerungsort und verkörpert die Verbindung von Technik, Landschaft und Geschichte im Herzen Unterstrands.

Am Großteich bei Südteich führt die „Bereniké-Spur“ als Uferweg zu einem Beobachtungspunkt hinter der Kapelle; von hier sieht man, wie sich die Schilfgürtel öffnen und das tiefe Wasser in dunklen Flecken anzeigt, die Fischern wichtige Windzeichen liefern.

Landwirtschaft und Industrie

Die wirtschaftliche Basis des Landkreises ist sichtbar und besuchbar. Vier Betriebe stehen sinnbildlich für Landwirtschaft, Lebensmittel, Schafwolle und Textilien.

Der Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG bewirtschaftet rund 2.100 Hektar in Achthaus, Ulmdorf, Zajin und Unterstrand. Seit 1924 arbeitet die Genossenschaft mit Rotationsanbau von Rüben, Roggen und Flachs, bewässert durch ein historisches Schleusen- und Grabensystem. Der Flachs geht nach Faultierwald, Roggen an die Ulmdorfer Brauerei. Auf dem Hof Schulten in Achthaus können Besucher die Flachsröste und das Saatgutarchiv besichtigen. Der Verbund pflegt Hecken, Gräben und alte Sorten, organisiert jährlich die Feldversammlung und symbolisiert das seeländische Zusammenspiel von Wasser, Arbeit und Gemeinschaft.

Zweitens produziert die „Südteicher Räucherei & Konserven GmbH“ am Werfthafen Südteich Dosenfisch, Gurken, Rote Bete und die regionale Spezialität „Teichkrebse in Dilllake“; Besucher sehen durch eine Galerie die Reihen der Autoklaven und die Rollen der Etikettiermaschine.

Die Auenwolle Schittingen eG, gegründet 1923, ist das wirtschaftliche und soziale Zentrum des Dorfes Schittingen im südwestlichen Seeland. Inmitten des Auenwaldes am Zajinbach betreibt sie Waschhalle, Sortierhaus und Trockenscheune, wo Wolle aus den Auen und Sandrücken des Seelandwaldes gereinigt, gekämmt und zu kardierten Bändern verarbeitet wird. Der charakteristische Dampf über den Blechwannen und der Geruch nach Lanolin prägen den Ort. Die Produkte gehen an das Werk „Vier Mühlen – Tuch & Strick“ in Papierstedt, während der Mist der Schafherden als Dünger an den Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand geliefert wird – ein geschlossener, funktionierender Wirtschaftskreislauf. Ein handgewebtes Wolltuch aus Schittinger Produktion liegt auf der Mensa der Maria-Magdalena-Kirche in Zajin als Zeichen regionaler Verbundenheit. Die Genossenschaft beschäftigt rund zwanzig Personen, organisiert Feste wie das „Waschfest“ und das „Licht der Aue“ und ist tief in der Dorfgemeinschaft verwurzelt. Auenwolle Schittingen steht für das seeländische Zusammenspiel von Wasser, Handwerk und Beständigkeit – ein Ort, an dem Tradition weiterlebt, ohne ins Museum zu geraten.

Das Leinenwerk „Faultierwald Faden & Band“ wurde 1903 auf dem Gelände eines ehemaligen Ziegelbrennplatzes gegründet, dessen Lehm einst die Ziegel für St. Gertrud in Unterstrand lieferte. Bis heute ist es das industrielle Herz des Dorfs Faultierwald im Kreis Unterstrand. Hier wird Flachs aus der Seeland-Ebene zu Garn, Seilen, Schmalgewebe und dichter Leinwand verarbeitet. Die Stoffe dienen Landwirten als Sackmaterial und den Werften Unterstrands für Segel und Abdeckplanen. Der Ziegelbau mit Sheddach, Spinnerei, Färberei und Weberei ist geprägt vom gleichmäßigen Rhythmus der Maschinen und dem Geruch nach Öl und Flachs. In den niedrigen Betriebswohnungen trocknen im Sommer die Flachsbündel, und im Werksverkauf an der Weberei-Gasse 4 liegen Stoffbahnen in Normlängen bereit. Das Werk hat Kriege, Krisen und Modernisierung überstanden und wird heute als Genossenschaftsbetrieb geführt. Beim jährlichen Leinenfest öffnet es seine Tore, zeigt historische Webtechniken und erinnert an eine lange Tradition handwerklicher Arbeit.

Gastronomie

Die Gastronomie greift die Erzeugnisse des Kreises direkt auf.

Das Gasthaus „Zum Schanzpfahl“ in Unterstrand liegt am Schanzgraben von Unterstrand und besteht seit 1894. Gegründet von der Familie Niehaus als Wirtshaus für Schleusenarbeiter und Fischer, ist es heute ein fester Bestandteil des städtischen Lebens. Der niedrige Ziegelbau mit Balkendecke und Ofen bewahrt seine ursprüngliche Atmosphäre. Spezialitäten sind die kräftige Fischsuppe nach Seeländer Art und die gedämpften Rüben mit Flachssamenöl, beide eng mit der Geschichte des Teichlands verbunden. Im „Pfahlzimmer“ erinnert ein echter Schanzpfahl an die Gründung des Hauses. Neben dem Wirtshausbetrieb dient es als kultureller Treffpunkt mit Musikabenden, Lesungen und Vereinsfeiern. Beim jährlichen Teichfest und am Erntedanktag ist das Gasthaus Mittelpunkt des Gemeinschaftslebens. Gäste kommen wegen der einfachen, ehrlichen Küche und der Beständigkeit des Hauses.

In Zajin betreibt die Familie Kolski die „Bogenstube“, die ihr Heringssalz selbst rührt und Heringe auf Roggenfladen mit Zwiebeln legt; am Ofen hängt ein Eimer mit Flusskieseln, die zum Zudrücken der Fässer dienen. Die Bogenstube Kolski in Zajin, gegründet 1898, liegt direkt am Zajinbogen zwischen Fluss und Marktplatz. Das kleine Gasthaus im ehemaligen Fischerlager ist seit vier Generationen im Besitz der Familie Kolski und gilt als Herzstück dörflicher Gastkultur. Im gewölbten Gastraum mit Holzbank, Ofen und Blick auf den Fluss wird nach alten Rezepten gekocht. Berühmt ist das Gericht „Zajiner Heringe auf Roggenfladen“, eingelegt in einer hausgemachten Salzlake – dem sogenannten Bogensalz. Der Eimer mit Flusskieseln am Ofen erinnert an die frühere Praxis, Fässer mit Steinen zu beschweren. Zutaten stammen aus der Region: Fisch aus dem Zajinbach, Roggenbrot aus Achthaus, Bier aus Ulmdorf.

In Südteich kocht die „Kapellenklause“ am Ufer Kaninchen mit Wacholder; die Boote liegen im Blick, und die Werftsirene markiert die Schichtwechsel.

Städte & Gemeinden

  • Achthaus (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Achthaus (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Achthaus, ein Dorf mit 328 Einwohnern, liegt westlich des Kleinen Teichs im Tal der Weidenitz. Es besteht aus acht alten Vierseitenhöfen, die den Namen des Ortes begründeten. Mittelpunkt ist der Dorfanger mit dem handbetriebenen Tiefbrunnen. Auf dem Hof Alvermann wird Käse aus Schaf-Kuh-Mischmilch hergestellt, auf dem Hof Schulten kann man Flachsverarbeitung besichtigen. Das Dorf gehört zur Agrarverbund Seeland-Ebene eG. Eintrag im Schleusenbuch von 1854… Weiter …

  • Faultierwald (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Faultierwald (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Faultierwald (Pop. 782) liegt in der Seeland-Ebene westlich von Unterstrand. Das lange Straßendorf wird vom Leinenwerk „Faultierwald Faden & Band“ geprägt, wo Flachs aus der Region zu Garn und dichtem Gewebe verarbeitet wird. Das Werk entstand 1903 auf dem Gelände eines alten Ziegelbrennplatzes – jener, der 1524 die Ziegel für die Kirche St. Gertrud in Unterstrand lieferte. Entlang der Landstraßen SEE16 und SEE7 reihen… Weiter …

  • Papierstedt (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Papierstedt (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Papierstedt (Pop. 2.579) liegt am Seitenkanal zwischen Zajinbach und Kleinem Teich und entwickelte sich aus vier Mühlen zum Textil- und Industriestandort. Das Werk „Vier Mühlen – Tuch & Strick“ produziert Walkwaren und Seemannstextilien, während Wolle aus Schittingen verarbeitet wird. Ein Schmied aus Papierstedt fertigte 1748 das hölzerne Uhrwerk der Kirche St. Gertrud in Unterstrand, das bis 1960 lief. Bahnlinien, Werkstätten und der Seitenkanal prägen… Weiter …

  • Rosengarten (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Rosengarten (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Rosengarten, 453 Einwohner auf 115 m NN, liegt im Seelandwald südlich von Seestadt. Der kreisrunde Waldort ist bekannt für seine Rosenkulturen und die Rosenkranzkirche, eine schlichte Holzkirche mit Schindeldach und Glockenstuhl. Hier finden die Teichkonzerte statt, die Rosengarten mit Zajin und Unterstrand verbinden. Im Sommer wird das Prozessionskreuz aus Hainbuche mit Hagebuttenketten geschmückt und durch das Dorf getragen. Baumschulen, Holzhandwerk und kleine Werkstätten prägen… Weiter …

  • Schittingen (Gemeinde Papierstedt – Kreis Unterstrand – Seeland)

    Schittingen (Gemeinde Papierstedt – Kreis Unterstrand – Seeland)

    Schittingen, 524 Einwohner auf 122 m NN, liegt im Schittinger Auenwald am Zajinbach. Der Ort lebt von der Auenwolle Schittingen eG, einer Genossenschaft, die Wolle aus den Auen wäscht, kämmt und an Papierstedt liefert. Der Dampf über den Blechwannen und der Duft nach Lanolin prägen das Dorf. Schittingen verbindet Landwirtschaft, Handwerk und Natur: Mist geht an die Felder des Agrarverbunds Unterstrand, Wolle in die… Weiter …

  • Ulmdorf (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Ulmdorf (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Ulmdorf (Pop. 236) liegt in der westlichen Seeland-Ebene an der alten Heerstraße. Das Dorf ist bekannt für Torfabbau, Flachsanbau und sein nussiges Flachsbier. In der Werkstatt am Ulmweg 7 brennt Töpfer Jannik Raufeisen seine Krüge im holzgefeuerten Ofen. Viele Bewohner arbeiten im Leinenwerk „Faultierwald Faden & Band“, das Flachs aus Ulmdorf verarbeitet. Der Torf der umliegenden Moore wird noch heute in Unterstrands Kirche St.… Weiter …

  • Unterstrand (Kreisstadt – Seeland)

    Unterstrand (Kreisstadt – Seeland)

    Unterstrand, Kreisstadt im Seeland mit 5.478 Einwohnern, liegt am Südufer des Kleinen Teichs. Die Stadt vereint Marktleben, Fischerei, Handwerk und Geschichte. Wahrzeichen sind Rathaus, Promenade, Fischmarkthalle, Pumpenhaus und St.-Gertrud-Kirche mit ihrem Votivschiff. Historische Orte wie das Teichkastell und die Schleuse IV zeugen von früher Teichverteidigung und Technik. Werkstätten für Bootsleisten, Reusenbau und Käseproduktion prägen den Alltag. Feste, Musikschule und Museum erhalten das kulturelle Leben.… Weiter …

  • Zajin (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Zajin (Kreis Unterstrand – Seeland)

    Zajin (Pop. 3.578) liegt im Tal des Zajinbachs im Südwesten Seelands. Der Ort spannt sich zwischen zwei Brücken und vereint Handwerk, Landwirtschaft und Tradition. Mittelpunkt ist der Markt mit der Maria-Magdalena-Kirche, deren Deckenmalerei Fischerarbeit darstellt. Hier finden die „Teichkonzerte“ statt, die Zajin mit Unterstrand und Rosengarten verbinden. Die Felder werden vom Agrarverbund Seeland-Ebene Unterstrand eG bewirtschaftet, Flachs geht an das Leinenwerk Faultierwald. Am Thingplatz… Weiter …