(Pop.: 5.548 – 18m NN)

Mähnendorf, die Kreisstadt im Südwesten des Bierlands, liegt im Süden der Zento-Ebene, umgeben von Äckern, Hopfenfeldern und kleinen Bachläufen (der Strähnbach fließt durch die Stadt). Mit gut 5500 Einwohnern ist sie das wirtschaftliche und politische Zentrum des gleichnamigen Landkreises und zugleich die größte Siedlung im weiten Umkreis. Ihre Lage an der historischen Stammbahn von Ackero nach Weinberg hat sie früh zu einem Knotenpunkt im regionalen Verkehr gemacht. Der Bahnhof Mähnendorf, 1832 errichtet, prägt noch heute mit seinem Sandsteinbau aus hellem, grobkörnigem Gestein das Stadtbild. Besonders auffällig ist der Wartesaal mit bemalten Deckenbalken und einer hölzernen Wanduhr, die stündlich schlägt – auch wenn der Zug längst abgefahren ist. Zwei Bahnsteige reichen für den Nahverkehr, doch während der Brau- und Hopfenmärkte im Frühling und Herbst wird der alte Güterschuppen am östlichen Rand gelegentlich noch genutzt – als Veranstaltungsort, Lager oder Ausstellungsfläche.

Von der Bahnstraße, die unmittelbar am Bahnhof beginnt, zieht sich das städtische Zentrum in einem leichten Bogen Richtung Marktstraße, wo das geschäftige Leben Mähnendorfs seinen Fokus hat. Neben der Post und der Sparkasse finden sich hier mehrere Läden, darunter das Schreibwarengeschäft „Papier & Punkt“, das von Hannelore und Jens Baade geführt wird und über einen seltenen Fundus an historischen Ortskarten und Kalendern aus den 1950er Jahren verfügt. Drei Bäckereien teilen sich den morgendlichen Andrang: die Bäckerei Klieber, bekannt für ihr Gerstenbrot mit Kümmel; die Bäckerei Rebenstein mit dem täglich wechselnden Gebäck aus Bierteig; und die kleine Backstube Brumme, die nur vormittags öffnet, aber dafür schon um fünf Uhr den ersten Ofen bestückt.

Die Metzgerei Strücker, etwas versteckt in der Spitalgasse, ist vor allem wegen ihrer dunklen Bierknacker beliebt, die in Hopfenessig eingelegt werden. Das Wirtshaus „Zum Halben Kessel“ liegt an der Marktstraße 17 und bildet mit seinem langgestreckten Innenhof und den gemauerten Nebengebäuden einen der lebendigsten Treffpunkte der Stadt. Im Sommer wird der Hof mit Holzbänken bestückt; eine Kastanie spendet Schatten, und der Zapfhahn für das helle Hausbier steht direkt neben dem alten Ziegelbackofen. Die Spezialität, die „Kesselschorle“, wird in Literkrügen ausgeschenkt, mit Holunderlimonade aufgegossen und leicht gesalzen serviert. Die Stammkundschaft besteht aus Angestellten der Kreisverwaltung, Handwerkern vom Maschinenhof Scheck und Schülern des Gymnasiums – letztere allerdings nur mit dem alkoholfreien Malzpendant.

Die älteste Kirche des Landkreises steht in Mähnendorf: die Johanniskirche, ein nüchterner Bau mit Westturm aus Bruchstein, dessen Glocke von 1392 stammt. Die Glocke wird freitags abends von Hand geläutet – eine Aufgabe, die seit Jahrzehnten von Margot Brünn übernommen wird. Sie trägt dazu ein langes Wolltuch um die Hüften, um sich gegen das Schwingen der Glockenschnur zu stemmen. Der Innenraum der Kirche ist schlicht, mit zwei Bankreihen, einem Kanzelaltar und einem vergoldeten Abendmahlskelch aus dem Jahr 1768, der nur an hohen Feiertagen gezeigt wird. Am Kirchhof entlang zieht sich ein niedriger Bruchsteinzaun, hinter dem im Sommer Margeriten wachsen.

Südlich des Markts erhebt sich das Kreisarchiv, ein schlichter, zweigeschossiger Bau aus dunklem Backstein, dessen Keller einst dem Einwecken von Gemüse diente und heute besonders alte Dokumente beherbergt. Archivleiter ist seit 1999 der Historiker Harald Krenz, der nicht nur die lokale Familienforschung unterstützt, sondern auch eine Sammlung historischer Brauereiakten zusammengetragen hat, darunter Brauordnungen von 1812 und Lieferverzeichnisse an die Garnison Bierona von 1895. An Dienstagen um 10 Uhr bietet Krenz eine öffentliche Führung durch die „Hopfenkammer“ an – ein Raum, in dem getrocknete Dolden in Gläsern konserviert wurden, um die Alterung verschiedener Sorten zu dokumentieren.

Etwas außerhalb des Zentrums, nördlich der Bahnlinie, schließen sich die Wohngebiete an. Dort dominieren Einfamilienhäuser mit Gärten, viele davon in Doppelhaushälften aus den 1960er Jahren. Ein Teil des Viertels „Am Wendenacker“ wurde auf einem ehemaligen Ziegeleigelände errichtet; einige Reste des Brennofens sind noch im Boden erkennbar. Im Süden des Ortes stehen die Werkhallen des Maschinenhofs Scheck, wo Landtechnik montiert und repariert wird. Besonders gefragt sind hier die mobilen Braukessel für Kleinbrauereien. Ein paar Schritte weiter betreibt die Familie Fronheiser ihre Textilwerkstatt, die sich auf Arbeitsschürzen und Biertischdecken aus dickem Baumwollleinen spezialisiert hat. In einem Nebenraum werden alte Stickmuster restauriert – teils im Auftrag von Wirtshäusern, die ihre Traditionsmuster pflegen.

Das kulturelle Herz von Mähnendorf schlägt in mehreren kleineren Einrichtungen, darunter das Heimatstübchen in der Pfarrgasse 9, das in einer ehemaligen Lehrerwohnung untergebracht ist. Dort zeigt man unter anderem das Modell einer längst abgerissenen Gerstenmühle und die Replik eines Handschuhs, der einem stadtbekannten Braumeister gehörte, der beim Versuch, eine kochende Würze von der Flamme zu nehmen, in den Kessel stürzte. Die Geschichte wird jedes Jahr zum Stadtjubiläum als Puppenspiel aufgeführt – die Figur des unglückseligen „Meister Bartel“ ist zum Maskottchen der Gymnasialbrauerei geworden.

Diese Brauerei, betrieben von Schülern des örtlichen Gymnasiums unter Anleitung des Chemielehrers Georg Meller, wurde 2007 gegründet. In einem eigens errichteten Nebengebäude, das früher ein Kohlenlager war, wird dort das „Gymnasator“ gebraut – ein dunkles, kräftiges Bier mit deutlicher Karamellnote. Die Etiketten werden im Kunstunterricht gestaltet, und zum Maturafest im Juni wird eine limitierte Sonderedition ausgeschenkt, die in Tonkrügen mit Wachssiegel abgefüllt wird. Lehrer und Absolventen stoßen damit im Innenhof der Schule an, unter einem Kastanienbaum, an dessen Stamm seit Jahren ein rostiger Flaschenöffner hängt.

Ebenfalls in der Stadt liegt der Wochenmarkt, der mittwochs und samstags auf dem Platz vor der Sparkasse stattfindet. Dort verkaufen Bauern aus dem Umland Gemüse, Eier, Honig, Käse und natürlich Bier. Besonders begehrt sind die Treber-Brötchen von Familie Klieber und das „Halmsalz“ – eine Würzmischung aus getrocknetem Gerstengras, Knoblauch und Dill. Im Frühling gibt es Stände mit Jungpflanzen, und im Herbst werden Hopfenkränze angeboten, mit denen die Fenster dekoriert werden. An einem Stand betreibt die Familie Dreefs aus Pechtal ihre fahrbare Brauzapfstelle, ein umgebauter Lieferwagen mit Zapfhahn und Klappbank. Ihr helles „Pechtaler Luftmalz“ wird in Steinkrügen ausgeschenkt, die gegen Pfand abgegeben werden.

Das gesellschaftliche Leben der Stadt entfaltet sich entlang fester Rhythmen. Im Januar findet die sogenannte „Bierschau“ statt, bei der Brauereien aus dem ganzen Kreis im Saal des Rathauses ihre neuen Sorten vorstellen. Im Mai richtet der Kulturverein das „Marktfest mit Fasszug“ aus: Dabei wird ein hölzernes Fass auf einem handgezogenen Wagen durch die Marktstraße gezogen und an jeder Station von einem anderen Bier befüllt – am Ende entsteht ein Gemisch, das in kleinen Tonbechern verkostet wird. Der November ist dem „Glockensuppenabend“ gewidmet, einer stillen Zusammenkunft in der Johanniskirche, bei der Suppe aus emaillierten Schüsseln gereicht wird, während draußen die Glocke dreimal schlägt.

Auch das Vereinswesen ist aktiv. Der Schützenverein „Schießgemeinschaft Mähnendorf“ verfügt über ein Gelände mit zwei kleinen Lehmerdwällen und einer Schankhütte mit angeschlossener Werkbank für Luftgewehre. Die Theatergruppe „Die Trübwürze“ inszeniert jährlich ein Stück im leerstehenden Lokschuppen, zuletzt ein eigens geschriebenes Stück über einen Bierspion aus dem Ackerland. Die Freiwillige Feuerwehr probt jeden zweiten Freitag an einem nachgebauten Speicher, dessen Obergeschoss als Übungslokal dient. Die Jugendgruppe der Feuerwehr beteiligt sich an der „Löschbier-Challenge“, bei der in voller Ausrüstung eine Flasche Bier in möglichst kurzer Zeit leergetrunken werden muss – eine rein sportliche Übung, wie betont wird. Es darf auch alkoholfreies Bier sein – muss es aber nicht.

Am Stadtrand liegt schließlich das Freibad Mähnendorf, ein einfaches Becken aus den 1970er Jahren, mit Umkleiden aus Waschbeton und einem Kiosk, der auch Hopfenbrause verkauft. Kinder aus dem Landkreis nehmen dort im Sommer an der „Hopfenprüfung“ teil: einer Mischung aus Schwimmtest, Kräuterkunde und einem Quiz zur Braugeschichte. Der beste Teilnehmer erhält jedes Jahr den sogenannten „Bitteren Löffel“, ein Zinnteller mit Gravur, der bis zur nächsten Saison im Gasthaus „Zum Halben Kessel“ ausgestellt wird.

Mähnendorf ist keine Stadt mit spektakulären Sehenswürdigkeiten oder glanzvollen Boulevards. Sie lebt in der Dichte ihrer Details, im gleichmäßigen Takt von Alltag und Festtag, im Geruch von Brot, Bier und Papierstaub. Ihre Straßen erzählen von Arbeit und Braukunst, von Familien mit tiefen Wurzeln und jungen Gesichtern mit Ideen. Zwischen Glockenklang, Zugpfeife, Fasslager und Schulhof zeigt sich hier ein Ort, der mehr ist als Verwaltungszentrum: ein lebendiger Knoten im Gewebe des Bierlands.

Bahn.: Eilzüge: Stammbahn 7:13, 11:13, 15:16 und 19:13 nach Storcha, 10:14, 14:14, 18:14 und 22:14 nach Ackero; SB1002 stündlich 6:36 – 21:36 nach Butha, 6:18 – 21:18 nach Bierona

Ch.: BL1 (N: Strähnbach, S: Straßenstrand), Feldweg entlang der Stammbahn nach Möhra